Leitsatz

Für die Wiederbegründung einer durch Beschluss aufgehobenen Veräußerungsbeschränkung fehlt der Versammlung der Wohnungseigentümer die Beschlusskompetenz. § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG gilt als gesetzliche Ausnahme vom Vereinbarungsprinzip nicht für den "actus contrarius". Hierzu bedarf es vielmehr einer Vereinbarung

 

Normenkette

§ 12 Abs. 1, Abs. 4 WEG

 

Das Problem

  1. Es ist eine Veräußerungsbeschränkung vereinbart. Im April 2013 beschließen die Wohnungseigentümer ihre Aufhebung. Auf notariell beglaubigten Antrag des Verwalters und unter Vorlage der Versammlungsniederschrift trägt das Grundbuchamt die Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung im Mai 2013 in den Grundbüchern ein.

    § 12 WEG (Veräußerungsbeschränkung)

    ...

    (4) Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung gemäß Absatz 1 aufgehoben wird. ... Ist ein Beschluss gemäß Satz 1 gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden. Der Bewilligung gemäß § 19 der Grundbuchordnung bedarf es nicht, wenn der Beschluss gemäß Satz 1 nachgewiesen wird. Für diesen Nachweis ist § 26 Abs. 3 WEG entsprechend anzuwenden.

    § 26 Abs. 3 WEG

    Soweit die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden muß, genügt die Vorlage einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluß, bei der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 WEG bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind.

  2. Im November 2013 beschließen die Wohnungseigentümer, den Beschluss über die Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung wieder aufzuheben. Ein Wohnungseigentümer legt über seinen Verfahrensbevollmächtigten die Niederschrift über die entsprechende Versammlung beim Grundbuchamt vor und betreibt die Wiedereintragung.
  3. Das Grundbuchamt weist diesen Antrag zurück. Eine Beschlusskompetenz zur Begründung einer Veräußerungsbeschränkung sei nicht gegeben. Deshalb seien zur Eintragung im Grundbuch die notariell beglaubigten Erklärungen sämtlicher Wohnungseigentümer sowie die Zustimmung der betroffenen dinglich Berechtigten erforderlich.
  4. Mit ihrer Beschwerde wendet sich der Wohnungseigentümer gegen die Zurückweisung. Er meint, § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG sei unzureichend formuliert. Das Gesetz treffe keine Regelung für den entgegengesetzten Fall. Es gehe um einen Löschungsanspruch für die eingetragene Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung nach einem ex tunc bestandskräftig gewordenen Eigentümerbeschluss. Dieser habe die Rückgängigmachung der Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung und die Wiederherstellung des ursprünglichen Grundbuchinhalts zum Gegenstand. Zudem sei der Beschluss vom 12. April 2013 gar nicht bestandskräftig, vielmehr angefochten worden. Der ursprüngliche Inhalt der Gemeinschaftsordnung sei daher wiederherzustellen.
 

Entscheidung

  1. Soweit das Rechtsmittel zulässig ist, bleibe es erfolglos. Soweit die (Neu-) Eintragung aufgrund des Beschlusses vom November 2013 begehrt werde, fehle es an der Bewilligung der (sämtlicher) Wohnungs- und Teileigentümer, weil deren Recht zur grundsätzlich freien Veräußerung ihres Eigentums durch die Eintragung betroffen wäre (§ 19 GBO).
  2. Vom Grundsatz des § 19 GBO sei nicht wegen § 12 Abs. 4 WEG abzuweichen. Dieser regle eine Ausnahme vom Vereinbarungsprinzip, indem er eine Beschlusskompetenz zur Aufhebung einer vereinbarten Veräußerungsbeschränkung schaffe. Was als Ausnahme vom Vereinbarungsprinzip für die Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung gesetzlich geschaffen wurde, lasse sich nicht auf die – erneute – Einführung übertragen.
  3. Insoweit schließe sich der Senat der ganz herrschenden Meinung an, dass eine durch Beschluss aufgehobene Veräußerungsbeschränkung nicht durch Zweitbeschluss wiederbegründet werden könne, weil es der Versammlung der Wohnungseigentümer insoweit an der Beschlusskompetenz fehle. Vielmehr erfordere die Wiedereinführung erneut eine Vereinbarung nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG; das folge auch unmittelbar aus § 12 Abs. 1 WEG.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Die Entscheidung klärt im Anschluss an die ganz herrschende Meinung vordergründig, dass nach § 12 Abs. 4 WEG zwar eine vereinbarte Veräußerungsbeschränkung "wegbeschlossen" werden kann, es aber nicht möglich ist, eine durch Beschluss aufgehobene Veräußerungsbeschränkung "wieder zu begründen".
  2. Das OLG München übersieht indessen, dass die Wohnungseigentümer keine Veräußerungsbeschränkung beschlossen hatten, sondern den Beschluss über die Abschaffung der Veräußerungsbeschränkung bloß aufgehoben haben, wohl ex tunc (= von Anfang an). Damit aber war die Grundlage für die Grundbuchberichtigung nach § 12 Abs. 4 Satz 3 WEG entfallen. Hier gilt dann aber gegebenenfalls nichts anderes, als bei einem Urteil. Denn es ist vorstellbar, dass aufgrund eines angefochtenen Beschlusses nach § 12 Abs. 4 WEG eine Veräußerungsbeschränkung gelöscht wird (dies ist auch im Fall möglich, denn der erste Beschluss ist ja angefochten). Erklärt ein Gericht den Beschluss später für ungültig, ist das Grundbuch auch wieder zu berichtigen. Warum sollte bei einer Aufhebung...

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