Leitsatz
Der BGH hatte sich damit auseinanderzusetzen, welche Voraussetzungen von einer bedürftigen Partei zu erfüllen sind, um nach der Versäumung einer Rechtsmittel- und/oder Rechtsmittelbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erlangen.
Sachverhalt
Durch Urteil des FamG wurde der Beklagte verurteilt, rückständigen sowie laufenden Trennungs- und Kindesunterhalt an die Klägerin zu zahlen. Das Urteil wurde ihm am 11.5.2005 zugestellt.
Mit einem beim OLG am 23.5.2005 eingegangenen Schriftsatz beantragte der Beklagte Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens. Das OLG wies den Prozesskostenhilfeantrag mit einem am 8.8.2005 zugestellten Beschluss mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zurück.
Mit weiterem beim OLG am 19.8.2005 eingegangenen Schriftsatz legte der Beklagte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ein, beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 5.10.2005. Mit Verfügung vom 24.8.2005 wies das OLG darauf hin, dass die Berufung als unzulässig verworfen werden müsse, weil die Berufungsbegründungsfrist bereits am 11.7.2005 abgelaufen sei.
Mit Beschluss vom 1.9.2005, dem Beklagten zugestellt am 10.9.2005, hat das OLG zwar Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt, die Berufung jedoch zugleich wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen.
Der Beklagte wandte sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung der Berufung.
Mit einem beim OLG am 6.10.2005 eingegangenen Schriftsatz hat er die Berufung begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Über diesen Antrag hatte das OLG noch nicht entschieden.
Entscheidung
Der BGH hat die Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung der Berufung durch Beschluss vom 1.9.2005 verworfen.
Trotz gewährter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der abgelaufenen Berufungsfrist habe das OLG die Berufung im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen, weil die zweimonatige Begründungsfrist das § 520 Abs. 2 ZPO am 11.7.2005 ungenutzt verstrichen sei. Sowohl der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vom 19.8.2005 als auch die am 6.10.2005 eingegangene Berufungsbegründung seien nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangen. Auf die weitere Frage, ob das Wiedereinsetzungsgesuch des Beklagten rechtzeitig eingegangen sei, komme es schon deshalb nicht an, weil der Beklagte die Berufungsbegründungsfrist nicht schuldlos versäumt habe.
Zwar habe eine arme Partei, die ein Rechtsmittel einlegen wolle, grundsätzlich Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie ihr Prozesskostenhilfegesuch bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht habe (st. Rspr. seit BGHZ 16, 1, 3; vgl. auch BGH v. 22.6.2005 - XII ZB 34/04, NJW-RR 2005, 1586, 1587).
Dies setze allerdings voraus, dass dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens innerhalb der Rechtsmittelfrist neben der ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch die insoweit notwendigen Belege beigefügt worden seien (BGH v. 31.8.2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901, 1902).
Der Antragsteller könne deswegen grundsätzlich nur davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck nebst den erforderlichen Anlagen zu den Akten reiche.
Enthielten die Angaben in dem Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzelne Lücken, könne die Partei unter Umständen gleichwohl darauf vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe genügend dargetan zu haben, wenn diese Lücken oder Zweifel auf andere Weise ohne Weiteres, etwa anhand der beigefügten Unterlagen, geschlossen bzw. ausgeräumt werden könnten (BGH v. 3.5.2000 - XII ZB 21/00, NJW-RR 2000, 1520).
Gleiches gelte, wenn zwar einzelne Fragen zu den Einnahmen nicht beantwortet seien, sich aber aufgrund der sonstigen Angaben und Belege aufdränge, dass solche Einnahmen nicht vorhanden seien (BGH Beschl. v. 21.9.2005 - IV ZB 21/05, FamRZ 2005, 2062 und BGH v. 3.5.2000 - XII ZB 21/000, NJW-RR 2000, 1520).
Auch wenn der Antragsteller seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nebst ausgefüllter Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und Anlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereicht und das Gericht ihm zur Vervollständigung der Angaben eine Frist gesetzt habe, dürfe er weiterhin auf Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe vertrauen (BGH v. 13.2.2008 - XII ZB 151/07, FamRZ 2008, 871). Weitere Voraussetzung sei jedoch, dass die Partei vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit habe rechnen m...