Leitsatz

Im Hinblick auf den in einem notariellen Ehevertrag vereinbarten Ausschluss des Versorgungsausgleichs zwischen Eheleuten wurde der Versorgungsausgleich von dem erstinstanzlichen Gericht nicht durchgeführt. Hiergegen wandte sich die Ehefrau mit der Begründung, durch den Ausschluss werde sie einseitig belastet. Wegen der Betreuung des aus der Ehe hervorgegangenen Kindes sei es ihr nicht möglich gewesen, eine angemessene Altersversorgung aufzubauen.

 

Sachverhalt

Aus der am 20.12.1982 geschlossenen Ehe der Parteien ging eine am 9.12.1987 geborene Tochter hervor. Die Ehe wurde durch Verbundurteil vom 7.10.2003 geschieden. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass der Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

Mit notariellem Ehevertrag vom 18.12.1982 hatten die Parteien unter anderem Gütertrennung und Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs vereinbart. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung war der Ehemann Diplom-Ökonom und bereitete sich auf die Steuerberaterprüfung vor. Die Ehefrau war als Industriekauffrau tätig. Nach der Geburt der Tochter übernahm sie deren Betreuung und war bis zum Jahre 2000 nicht mehr erwerbstätig.

Das FamG hat den Ehevertrag als wirksam angesehen und den Versorgungsausgleich nicht durchgeführt.

Hiergegen wandte sich die Ehefrau mit ihrer Beschwerde und begehrte die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Hinblick darauf, dass dessen Ausschluss sie einseitig belaste.

Die Beschwerde hatte - zunächst - Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG hielt die notariell beurkundete Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs für nicht von vornherein sittenwidrig. Die Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse der Parteien bei Vertragsabschluss rechtfertige nicht die Feststellung, dass die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derartig einseitigen Lastenverteilung führen werde, dass ihr - losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen wäre, dass an ihrer Stelle die gesetzliche Regelung tritt (BGH v., 11.2.2004 - XII ZR 265/02, MDR 2004, 573 = BGHReport 2004, 516 m. Anm. Grziwotz = NotBZ 2004, 152 = FamRZ 2004, 601 [606]; v. 6.10.2004 - XII ZB 57/03, MDR 2005, 399 = BGHReport 2005, 246 = FamRZ 2005 , 185 [186]).

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Ehefrau erwerbstätig und konnte selbst für eine eigene Altersversorgung sorgen. Konkrete Vorstellungen, ob und inwieweit künftige gemeinsame Kinder diese Lebensgestaltung ändern sollten, hatten die Parteien nicht. Die Ehefrau war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch nicht schwanger. Ihre Argumentation, wegen des Vertragsabschlusses zwei Tage vor der Hochzeit habe sie unter Druck gestanden, sei im Hinblick auf das bereits langjährige Zusammenleben der Parteien vor der Eheschließung nicht nachvollziehbar.

Gleichwohl könne sich der Ehemann nicht ohne Weiteres auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs berufen. Es komme vielmehr eine Anpassung des Vertrages an die veränderten Lebensverhältnisse der Parteien in Betracht. Der Versorgungsausgleich sei auch als vorweggenommener Alterunterhalt zu verstehen und stehe daher einer vertraglichen Abbedingung nicht schrankenlos offen. Er sei wie der Unterhalt wegen Alters Ausdruck ehelicher Solidarität und gehöre zum Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts. Ein zunächst wirksam vereinbarter Ausschluss des Versorgungsausgleichs halte nach der Rechtsprechung des BGH, der sich das OLG anschloss, der Ausübungskontrolle am Maßstab des § 242 BGB deshalb dann nicht stand, wenn er dazu führe, dass ein Ehegatte aufgrund einvernehmlicher Änderung der gemeinschaftlichen Lebensumstände über keine hinreichende Altersversorgung verfüge und dieses Ergebnis mit dem Gebot der ehelichen Solidarität schlechthin unvereinbar erscheine.

Dies sei vorliegend der Fall, weil die Ehefrau einvernehmlich die Betreuung der gemeinsamen Tochter übernommen und auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit bis zum Jahre 2000 verzichtet habe. Dadurch ergebe sich für sie bei Scheitern der Ehe eine unzumutbare einseitige Belastung, die der Versorgungsausgleich durch die gleichmäßige Verteilung der von den Ehegatten während der Ehezeit erworbenen Anrechte gerade vermeiden solle.

Im Rahmen der nach § 242 BGB vorzunehmenden angemessenen und sachgerechten Anpassung könnten mit Blick auf die Vorstellungen der Parteien bei Vertragsabschluss und das Ziel des Versorgungsausgleichs nur ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden. Mit dem Ausschluss des Versorgungsausgleichs hätten die Parteien zu erkennen gegeben, keine Teilhabe an den von dem jeweils anderen Ehepartner gegebenenfalls höherwertigen Versorgungsanrechten beanspruchen zu wollen. Maßstab für den Ausgleich der ehebedingten Nachteile sei daher grundsätzlich diejenige Versorgung, die der berechtigte Ehegatte bei Weiterführung seiner beruflichen Tätigkeit voraussichtlich hätte erzi...

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