Leitsatz
Hat der Vermieter bei den Betriebskosten bestimmte Verhältnisse geschaffen, die zu niedrigeren als den ortsüblichen Kosten führen, ist er bei der Veränderung dieses Zustands nicht völlig frei, sondern muss sich im Rahmen der Überprüfung seiner Erwägungen fragen lassen, welche sachlich gerechtfertigten Gründe es verhindern, den bisherigen Zustand fortzuführen.
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB § 556 Abs. 3
Kommentar
Zwischen einem Vermieter und einer Mieterin bestand ein Vertrag, wonach die Mieterin Hauswart- und Gartenpflegearbeiten auszuführen hatte. Der Vermieter hat diesen Vertrag wegen angeblicher Pflichtverletzungen der Mieterin gekündigt und die Hauswart- und Gartenpflegearbeiten einem Serviceunternehmen übertragen. Die übrigen Mieter des Hauses waren mit dieser Maßnahme nicht einverstanden. Es kam zu einer umfangreichen Korrespondenz zwischen der Mieterschaft und dem Vermieter. Im Verlauf dieser Korrespondenz hat der Vermieter unter anderem erklärt, dass die Maßnahme keine Auswirkungen auf die Betriebskosten habe.
Für die von der Mieterin durchgeführten Hauswart- und Gartenpflegearbeiten entstanden Lohn- und Materialkosten von durchschnittlich 6.800 EUR pro Jahr. Nach der Übertragung dieser Arbeiten auf das Serviceunternehmen erhöhten sich diese Kosten auf über 18.000 EUR. Einen Teilbetrag von ca. 14.000 EUR macht der Vermieter mit der Betriebskostenabrechnung geltend.
Das Gericht hatte zunächst die Frage zu entscheiden, ob ein Vermieter ohne Weiteres einen Leistungserbringer wechseln kann, wenn diese Maßnahme – wie hier – mit deutlich höheren Kosten verbunden ist. Die Frage richtet sich nach § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB: Danach muss der Vermieter bei der Abrechnung der Betriebskosten den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz beachten. Dabei sind nur solche Betriebskosten umlagefähig, soweit sie bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind (§§ 20 Abs. 1 Satz 2 NMV und 24 Abs. 2 der II. BV).
Hier bestand die Besonderheit, dass das mit dem Serviceunternehmen vereinbarte Entgelt durchaus den ortsüblichen Bedingungen für Leistungen der fraglichen Art entsprach. Gleichwohl kann in der Beauftragung eines solchen Unternehmens ein Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz liegen: "Hat der Vermieter bei den Betriebskosten bestimmte Verhältnisse geschaffen, die zu niedrigeren als den ortsüblichen Kosten führen, ist er bei der Veränderung dieses Zustands nicht völlig frei, sondern muss sich im Rahmen der Überprüfung seiner Erwägungen fragen lassen, welche sachlich gerechtfertigten Gründe es verhindern, den bisherigen Zustand fortzuführen." Maßgeblich ist danach, ob die Kündigung des bisherigen Vertrags sachlich gerechtfertigt war. Dies hat das Gericht im Entscheidungsfall bejaht.
Gleichwohl konnte der Vermieter die erhöhten Betriebskosten nicht auf die Mieter umlegen. Das Gericht bewertet die Erklärung des Vermieters, dass der Wechsel des Leistungserbringers keine Auswirkungen auf die Betriebskosten habe, als "Versprechen", das zu einer "Selbstbindung" führt. Hieran ist der Vermieter gebunden.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt/M., Urteil v. 19.9.2005, 25 U 93/05