Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Wirtschaftsplan kann weiterhin auch nach Abrechnungs-Beschlussgenehmigung Zahlungsanspruchsgrundlage bleiben (soweit sich nicht aus der Jahresabrechnung gegenüber dem Soll der Vorschüsse ein niedrigerer Schuldsaldo ergibt)
Die Gemeinschaftsordnung kann einen erhöhten Verzugszinssatz für Wohngeldschulden festlegen, nun seit 1. 1. 1999 nach dem sog. Basiszinssatz
Fortführung eines Wohngeld-Inkassoverfahrens durch den neu bestellten Verwalter in Verfahrensstandschaft
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 28 Abs. 1, 3, 5 WEG, § 288 Abs. 1 BGB, § 263 ZPO,
Kommentar
1. Ein Wohngeld-Inkassoverfahren, eingeleitet durch die frühere Verwaltung in Prozessstandschaft, kann auch eine neu bestellte Verwaltung fortsetzen. Im vorliegenden Fall wurde die Zulässigkeit des Beteiligtenwechsels auf Antragstellerseite in entsprechender Anwendung des § 263 ZPO auch im zweiten Rechtszug als sachdienlich bestätigt; eine Zustimmung der Antragsgegnerseite war dazu nicht erforderlich. Die Prozessstandschaft der neuen Verwalterin ergab sich aus dem mit ihr abgeschlossenen Verwaltervertrag, ebenfalls solche Ansprüche auch im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. Aus diesem Grund war auch die neue Verwalterin befugt, mit der Durchsetzung der Ansprüche einen Rechtsanwalt zu bevollmächtigen, wobei es der Senat nicht für erforderlich hielt, dass die Anwaltsvollmacht im Sinne des § 13 Satz 3 FGG notariell beglaubigt sei.
2. Auch nach dem Beschluss über die Jahresabrechnung kann ein Wohngeldanspruch weiterhin auf den bestandskräftig beschlossenen Wirtschaftsplan für das gleiche Jahr gestützt werden, soweit nicht die Jahresabrechnung einen gegenüber dem Soll der Vorschüsse niedrigeren Schuldsaldo ausweist. Hier konnte also die Wohngeldschuld auch auf den Wirtschaftsplan gestützt werden (BGHZ 131, 228/231; BayObLG, WE 97, 270; BayObLG, NZM 99, 853; OLG Zweibrücken, WE 99, 117; Wenzel, WE 97, 124; Demharter, FGPrax 99, 134). Aus der ebenfalls bestandskräftigen Jahresabrechnung ergab sich hier kein geringerer Schuldsaldo, der die Forderung aufgrund des Wirtschaftsplanes begrenzen würde.
3. Was die Verzinsung der Wohngeldschuld betrifft, war auf die Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung abzustellen, nach der rückständige Wohngelder mit 4% über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank verzinst werden konnten. Seit dem 1. 1. 1999 gibt es allerdings keinen "Diskontsatz der Deutschen Bundesbank" mehr; an seine Stelle ist gem . § 1 Abs. 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes (DÜG) vom 9. 6. 1998 (BGBl I S. 1242) der jeweilige Basiszinssatz getreten (vgl. § 1 Abs. 2 DÜG in Verbindung mit der Basiszinssatz-Bezugsgrößen-Verordnung [BazBV] vom 10. 2. 1999, BGBl I S. 139); nach diesem Basiszinssatz richtet sich seit dem 1. 1. 1999 die Verzinsungspflicht des verurteilten Schuldners gemäß Gemeinschaftsordnung, was der Senat zur Entscheidungsformel des Landgerichts ergänzend klarstellen musste.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei einem Geschäftswert von DM 4.210,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 21.10.1999, 2Z BR 93/99)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
1. Da in früheren Entscheidungen des Senats herausgestellt wurde, dass im Falle eines Verwalterwechsels im Zuge rechtshängiger Verfahren in Prozessstandschaft des früheren Verwalters, dieser Verfahren bis zu einem Widerruf einer solchen Ermächtigung auch über sein Amtsende hinaus fortzuführen habe (von mir kritisiert), hätte in dieser Entscheidung zur Fortführung des Verfahrens durch den neu bestellten Verwalter wiederum in vertraglich vereinbarter Verfahrensstandschafts-Ermächtigung ergänzend noch vermerkt werden können, dass in der neuen Ermächtigungsabsprache auch stillschweigend ein Widerruf der Ermächtigung des bisherigen Verwalters gesehen werden konnte. Sicher ist eine solche Weiterführung eines rechtshängigen Verfahrens durch den ermächtigten neuen Verwalter sachdienlich und auch ohne Einverständnis eines Schuldners zulässig.
2. Zu begrüßen ist auch die vom Senat mittelbar festgestellte Gültigkeit der hier in der Gemeinschaftsordnung getroffenen erhöhten Verzugszinsregelung für Wohngeldrückstände gegenüber der gesetzlichen Zinsregelung von grundsätzlich allein 4%. Eine solche Zinserhöhungsklausel allerdings allein über Mehrheitsbeschluss oder Verwaltervertrag festzuschreiben, stieß bekanntlich vor einigen Jahren auf Kritik durch den BGH (Nichtigkeit einer solchen nachträglichen Regelung; Kompetenzüberschreitung).