Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 28 Abs. 1 WEG
Kommentar
1. Enthält ein vorgelegter und beschlossener Wirtschaftsplan einen fälschlichen Umlageschlüssel der Heizkosten (hier: nach anteilig beheizter Fläche, statt richtigerweise im vorliegenden Fall nach Miteigentumsanteilen), so ändert dies an der Gültigkeit des Wirtschaftsplangenehmigungsbeschlusses nichts, da unterstellt werden kann, dass die endgültige Jahresabrechnung hinsichtlich der Heizkosten nach Miteigentumsanteilen zu erstellen ist und auch erstellt wird. Es muss also nicht zwingend im Wirtschaftsplan der korrekte Verteilungsschlüssel genehmigt sein, wenn hier eine im Ergebnis ähnliche Berechnung von der Eigentümermehrheit hingenommen werden kann. Der Wirtschaftsplan enthält nur eine Veranschlagung der voraussichtlich entstehenden Kosten; gerade Heizkosten gehören zu der Kostenposition, deren Schätzung nach oben oder nach unten am stärksten von den später genau zu ermittelnden Kosten abweichen dürfte (strenge oder milde Winter; unterschiedlicher Reparaturbedarf). Ein Wirtschaftsplan präjudiziert also keineswegs eine spätere endgültige Abrechnung nach richtigem Verteilungsmaßstab. Vorwiegend kann eine errechnete geringfügige Abweichung einer beanstandeten Mehrumlage bei der Bemessung von Vorschüssen nicht zur Aufhebung des Wirtschaftsplanes führen, zumal dann die gesamte Anspruchsgrundlage für Vorauszahlungen aufgehoben wäre (vgl. BayObLG, WE/1989, 64).
2. Ist in der Einladung nur der Tagesordnungspunkt "Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan" genannt, so kann neben der Genehmigung des Wirtschaftsplanes auch beschlossen werden, dass dieser Wirtschaftsplan über die Wirtschaftsperiode hinaus weiter gelten solle. Insoweit geht es bei einer solchen Beschlussfassung um eine Erstreckung der Wohngeldvorschüsse in einen neuen Abrechnungszeitraum hinein, d. h. bis zur Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan (i. d. R. also nur wenige Monate). Sollte sich jedoch auch eine neue Wirtschaftsplan-Beschlussfassung länger hinziehen, wäre die Weitergeltung eines alten Wirtschaftsplanes nur um so dringlicher.
Alle Einzelheiten einer Beschlussfassung müssen überdies nach h. R. M. nicht in einer Einladung bzw. der Bezeichnung eines Beschlussgegenstandes erwähnt werden. Ein solcher Fortgeltungsbeschluss erscheint sogar im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung dringend geboten (Liquiditätserhaltung der Gemeinschaft).
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 11.07.1990, 24 W 3798/90= NJW-RR 90, 1298)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
1. Um solche möglichen Beschlussanfechtungsverfahren zu vermeiden, sollten Aufteilungen in einem zu genehmigenden Wirtschaftsplan möglichst weitgehend identisch sein mit den zu Recht in Jahresabrechnungen anzuwendenden gesetzlichen oder vereinbarten Aufteilungsschlüsseln. Gleiche Buchhaltungsprogramme sind insoweit dringend zu empfehlen. Vorliegend waren bei der alleinigen Position der Heizkosten die Differenzwerte nicht allzu gravierend, sodass das Entscheidungsergebnis wohl nicht zu beanstanden ist; allein bei dieser nur annäherungsweise kalkulierbaren Ausgabenposition muss wohl zunächst für Vorauszahlungsanforderungen pauschaliert werden (evtl. unter Berücksichtigung eines eventuellen - beständigen - Heizverhaltens eines Bewohners in den letzten 2 bis 3 Jahren).
2. Die Gültigkeit der Zusatzbeschlussfassung zur Fortgeltung des Wirtschaftsplanes über das Geschäftsjahr hinaus ist völlig zu Recht vom KG bestätigt worden; auch diesseits werden solche Ergänzungsanträge und Orga-Beschlüsse sogar dringend empfohlen, um die stete Anspruchsgrundlage für Vorauszahlungen auf die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten zu. Vom Kurzbeschrieb "Wirtschaftsplangenehmigung" eines TOPs in der Einladung ist auch ein solcher Zusatzbeschluss abgedeckt; mit solchen Anträgen muss stets gerechnet werden.