Leitsatz
Von einer Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Wohnfläche ist nicht auszugehen, wenn ein Wohnraummietvertrag zwar eine Wohnflächenangabe enthält, diese Angabe jedoch mit der Einschränkung versehen ist, dass sie nicht zur Festlegung des Mietgegenstands diene.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 536 Abs. 1
Kommentar
In einem Wohnungsmietvertrag ist unter § 1 Folgendes vereinbart: "Vermietet werden ... folgende Räume: Die Wohnung im Dachgeschoss, bestehend aus ... zur Benutzung als Wohnraum, deren Größe ca. 54,78 qm beträgt. Diese Angabe dient wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstands. Der räumliche Umfang der gemieteten Sache ergibt sich vielmehr aus der Anzahl der vermieteten Räume".
In § 6 des Mietvertrags ist geregelt, dass die Betriebskosten nach der "Wohnfläche von 54,78 qm berechnet werden".
Die tatsächliche Wohnfläche, berechnet nach der Wohnflächenverordnung, beträgt lediglich 42,98 qm. Der Mieter hat die Miete aus diesem Grund gemindert und den Vermieter auf Rückzahlung eines Teils der Miete in Anspruch genommen.
Die Klage hatte allerdings keinen Erfolg: Ist in dem Mietvertrag die Größe der Wohnung angegeben, so gilt dies nach der Rechtsprechung des BGH zwar grundsätzlich als Beschaffenheitsvereinbarung. Hierfür muss der Vermieter grundsätzlich einstehen mit der weiteren Folge, dass eine gemietete Wohnung mangelhaft ist, wenn die wirkliche Wohnfläche um mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt (BGH, Urteil v. 23.5.2007, VIII ZR 231/06, NJW 2007 S. 2624; Urteil v. 8.7.2009, VIII ZR 218/08, NJW 2009 S. 2880; Urteil v. 10.3.2010, VIII ZR 144/09, NJW 2010 S. 1745). Dies gilt nicht nur, wenn die angegebene Wohnfläche ausdrücklich als "vereinbart" bezeichnet wird, sondern auch dann, wenn der Mietvertrag in Verbindung mit einer Aufzählung der vermieteten Räume die Angabe enthält: "Wohnfläche: xxx qm" (BGH, Urteil v. 23.5.2007, VIII ZR 138/06, NJW 2007 S. 2626 unter Rz. 14).
In der vorliegenden Entscheidung stellt der BGH klar, dass keine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt, wenn in dem Mietvertrag vereinbart ist, dass die Wohnflächenangabe "nicht zur Festlegung des Mietgegenstands" dient. Der in dem konkreten Vertrag enthaltene Zusatz, dass diese Regelung "wegen möglicher Messfehler" getroffen wurde, spielt keine Rolle. Insbesondere kann dem Zusatz nicht entnommen werden, dass sich der Vermieter lediglich gegen "Messfehler" absichern wollte.
In Fällen der vorliegenden Art stellt sich die Frage, ob für die Betriebskostenumlage die wirkliche oder die vereinbarte Wohnfläche gilt. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass die Betriebskosten stets nach der wirklichen Wohnfläche umzulegen sind. Dieser Teil des Urteils war nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Der BGH hat diese Frage auch noch nicht ausdrücklich entschieden.
Nach § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Betriebskosten "nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen", wenn die Parteien "nichts anderes vereinbart" haben. Insoweit kommt es darauf an, ob unter der Wendung "nichts anderes vereinbart" lediglich ein anderer als der Wohnflächenmaßstab zu verstehen ist (dann verstößt die Vereinbarung einer größeren als der wirklichen Wohnfläche gegen § 556a Abs. 3 BGB), oder ob es den Parteien freisteht, die für die Umlage maßgebliche Fläche willkürlich festzulegen (so z.B. Lützenkirchen, ZMR 2009, S. 895). Folgt man der letztgenannten Ansicht, so muss man dem Mieter das Recht zur Anfechtung zubilligen, wenn dieser die wirkliche Fläche nicht gekannt hat oder wenn er hierüber getäuscht worden ist.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 10.11.2010, VIII ZR 306/09, NJW 2011 S. 220