Leitsatz

  • Wohngeldanspruch kann auch nach genehmigter Jahresabrechnung weiterhin auf beschlossenen Wirtschaftsplan gestützt werden (jetzt h.R.M.)

    Bestandskräftiger (unangefochten gebliebener) Mehrheitsbeschluss ("Zitterbeschluss") über 8%igen Verzugszins von Wohngeldrückständen bleibt wirksam und bindend (entgegen der Auffassung von Wenzel u.a.)

    Der zur Wohngeld-Geltendmachung in gewillkürter Prozessstandschaft ermächtigte Verwalter bleibt auch nach seinem Ausscheiden bis zu etwaigem Widerruf der Ermächtigung durch die Gemeinschaft verfahrenslegitimiert

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Satz 2 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 27 WEG, § 28 WEG, § 286 BGB, § 288 BGB

 

Kommentar

1. Eine Gemeinschaft ist auch nach Genehmigung einer Jahresabrechnung aus Rechtsgründen nicht gehindert, sich weiterhin in einem Wohngeldinkassoverfahren auf den beschlossenen Wirtschaftsplan zu berufen und die sich daraus ergebenden Forderungen geltend zu machen; ein Abrechnungsbeschluss hat nämlich nach nunmehr herrschender Rechtsmeinung keine novierende Wirkung in dem Sinne, dass er den Beschluss über den Wirtschaftsplan aufhebt und ersetzt (vgl. BGH, NJW 96, 725; WE 96, 144; OLG Düsseldorf, NJW-RR 97, 1235 und OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 22. 10. 1999, Az.: 3 Wx 141/99; OLG Zweibrücken, ZMR 99, 358; OLG Köln, NJW-RR 97, 1102; Wenzel, WE 96, 442, 447; Bärmann/Pick/Merle, § 28 Rn. 42ff). Ergibt sich auch aus einer Abrechnung ein Wohngeldrückstand eines Eigentümers, hat die Abrechnung nur eine den Beschluss über den Wirtschaftsplan bestätigende bzw. rechtsverstärkende Wirkung.

2. Soweit das OLG Celle (ZMR 85, 103) die Auffassung vertreten hat, ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümer über die pauschale Verzinsung von Zahlungsrückständen mit 10% sei wegen absoluter Unzuständigkeit der Eigentümerversammlung zu einer solchen Beschlussfassung nichtig, nötigt dies den Senat nicht zu einer Vorlage, da die Entscheidung des OLG Celle nicht auf der abweichenden Beurteilung beruht (so ebenfalls bereits BayObLG, WE 88, 200, 201).

Auch die nunmehr in der Literatur zum Teil vertretene Auffassung, wonach ein die Geltung der Vorschriften des WEG oder des BGB ändernder, z.B. (wie hier) eine Verzugszinspauschale statuierender Mehrheitsbeschluss nichtig sei, ohne dass es darauf ankomme, ob in den dinglichen Kernbereich des Wohnungseigentums eingegriffen werde (insbesondere Wenzel, Festschrift für Hagen, Seiten 231, 240), gibt dem Senat keine Veranlassung, unter Aufgabe seines bisherigen Standpunktes die Sache dem BGH zur Entscheidung vorzulegen (wie hier [früher!] auch Bärmann/Pick/Merle, § 28 Rn. 136).

3. Ist ein Verwalter durch Eigentümerbeschluss im Wege der gewillkürten Verfahrensstandschaft (Prozessstandschaft) zur gerichtlichen Geltendmachung von Wohngeld ermächtigt, so ist er auch nach seinem Ausscheiden aus dem Verwalteramt als legitimiert anzusehen, ein anhängiges Verfahren bis zum Abschluss fortzuführen, sofern die Gemeinschaft die Ermächtigung nicht widerruft (Bärmann/Pick/Merle, § 27 Rn. 168, 144, 173).

4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Wert des Beschwerdegegenstandes von DM 9.027,98.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2000, 3 Wx 448/99)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

1. Hervorzuheben ist bei dieser Entscheidung, dass der Senat ungeachtet der neuen Literaturmeinung insbesondere von Wenzel (ihm zwischenzeitlich folgend auch die führenden Kommentatoren zum WEG) an bisheriger eigener Rechtsprechung festhält, d.h. von der Gültigkeit und Bestandskraft eines gesetzes- bzw. kostenverteilungsändernden sog. (unangefochten gebliebenen) Zitterbeschlusses auszugehen und keine Nichtigkeit eines solchen Beschlusses anzunehmen, selbst wenn dieser - wie hier - in angemessener Weise den im BGB gesetzlich geregelten Verzugszinssatz von 4% (für die Zukunft und damit zunächst auch gewollt auf Dauer) verändert. Soweit ersichtlich, existiert damit in dieser heftig umstrittenen Frage z.Zt. noch keine OLG- Entscheidung, die sich aufgrund der neuen Lit.-Meinung zu einer Vorlage an den BGH genötigt sieht (was Merle im Editorial in ZWE 4/2000, 145 sehr "bedauert", zumal er bereits vom OLG Düsseldorf erwartet hätte, dass sich dieser Senat zumindest ausführlich mit der neuen Meinung auseinandersetzt). Im Ergebnis wie hier vgl. auch u.a. Deckert, NZM 8/2000, 361 und Würfel, WE 5/2000, 100. Weitere neuerliche Literaturmeinungen finden sich auch in behandelten Folgeentscheidungen.

2. Was die Weiterführungspflicht eines Wohngeldinkassoverfahrens durch einen Verwalter in Prozessstandschaft auch nach seinem Ausscheiden betrifft, bin ich allerdings nach wie vor der Auffassung, dass in einer Verwalterneubestellung stets auch ein zumindest stillschweigender Widerruf bisheriger Verfahrensermächtigungen liegt und gleichzeitig eine Neuermächtigung an den neubestellten Verwalter, solche Verfahren weiterzuführen. Der bisherige, ausgeschiedene und nicht mehr vergütete Verwalter dürfte auch im Regelfall kein Interesse mehr an der Weiterführung de...

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