Leitsatz
- Sind Wohnung und Garage Bestandteile eines einheitlichen Mietverhältnisses, so ist eine Teilkündigung des Mietverhältnisses über die Garage unzulässig.
- Bei einem schriftlichen Wohnungsmietvertrag und einem separat abgeschlossenen Mietvertrag über eine Garage spricht eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbstständigkeit der beiden Vereinbarungen. Es bedarf dann der Widerlegung dieser Vermutung durch besondere Umstände, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Mietverhältnisse über die Wohnung und die Garage nach dem Willen der Beteiligten eine rechtliche Einheit bilden sollen. Das ist im Regelfall dann anzunehmen, wenn Wohnung und Garage auf demselben Grundstück liegen.
(amtliche Leitsätze des BGH)
Normenkette
BGB §§ 535, 542, 546
Kommentar
Die ursprünglichen Mietvertragsparteien schlossen im Jahr 1958 einen schriftlichen Mietvertrag über eine Wohnung im Hause D-Straße 2. Der damalige Vermieter überließ dem Mieter außerdem eine im Hause D-Straße 7 gelegene Garage aufgrund eines mündlichen Mietvertrags; in dem schriftlichen Vertrag über die Wohnung ist diese Garage nicht erwähnt. Die Entfernung zwischen den Gebäuden D-Straße 2 und D-Straße 7 beträgt ca. 150 Meter. In der Folgezeit veräußerte der damalige Eigentümer die beiden Gebäude an verschiedene Erwerber. Der Erwerber des Gebäudes D-Straße 7 hat das Mietverhältnis über die Garage gekündigt und den Mieter auf Räumung und Herausgabe in Anspruch genommen. Der BGH hatte zu entscheiden, ob eine isolierte Kündigung der Garage zulässig ist.
Die Entscheidung hängt davon ab, ob der schriftliche Mietvertrag über die Wohnung und der mündliche Mietvertrag über die Garage eine rechtliche Einheit bilden; in diesem Fall wäre der Erwerber des Hauses D-Straße 7 als Mitvermieter in den einheitlichen Mietvertrag eingetreten (BayObLG, Beschluss v. 12.12.1990, RE-Miet 2/90, NJW-RR 1991 S. 651); eine auf die Garage beschränkte Teilkündigung wäre dann unwirksam (Leitsatz a). Sind die jeweiligen Mietverträge dagegen voneinander unabhängig, können sie auch separat gekündigt werden.
Das OLG Karlsruhe hat in dem Rechtsentscheid vom 30.3.1983 (3 REMiet 1/83, NJW 1983 S. 1499) Folgendes entschieden: "Vermietet der Vermieter einer Wohnung seinem Mieter später eine auf dem Hausgrundstück gelegene Garage, so liegt darin selbst dann, wenn dies erst nach Jahren geschieht und eine ausdrückliche Einbeziehung in den bisherigen Mietvertrag nicht erfolgt, in der Regel nur eine Ergänzung des bisherigen Vertrages. Eine neue selbstständige Vereinbarung kommt nur zustande, sofern ein entsprechender Parteiwille hinreichend deutlich erkennbar geworden ist."
Das BayObLG (a.a.O.) hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Der BGH differenziert: Erfolgt die Vermietung aufgrund separater Verträge, so spricht eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbstständigkeit der jeweiligen Mietverhältnisse. Jedoch kann diese Vermutung widerlegt werden, wenn besondere Umstände dafür sprechen, dass die Mietverhältnisse eine rechtliche Einheit bilden sollen. Ein solcher Umstand liegt insbesondere dann vor, wenn sich die Wohnung und die Garage – wie in den vom OLG Karlsruhe und vom BayObLG entschiedenen Fällen – auf demselben Grundstück befinden.
Diese Voraussetzung war in dem hier zur Entscheidung stehenden Fall nicht gegeben, was für den Mieter auch ohne Weiteres erkennbar war. Haben die Parteien das Mietverhältnis in der Vergangenheit – etwa bei früheren Mieterhöhungen – als rechtliche Einheit behandelt, so kann hierin ebenfalls ein Indiz gegen die rechtliche Selbstständigkeit liegen. Die hierfür maßgeblichen Tatsachen muss diejenige Partei darlegen und beweisen, die sich auf die rechtliche Einheit beruft. Hier waren solche Indizien nicht gegeben, weshalb der BGH der Räumungsklage stattgegeben hat.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 12.10.2011, VIII ZR 251/10, NJW 2012 S. 224