Normenkette

§ 21 Abs. 2 WEG, § 420 BGB, § 428 BGB, § 432 Abs. 1 BGB

 

Kommentar

1. Das Oberlandesgericht Hamm hatte einen Fall zu entscheiden, zu dem es folgenden Sachverhalt mitteilt:

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hat bei einem Versicherer eine Gebäudeversicherung abgeschlossen, auf die die VGB 62 (Allgemeine Bedingungen für die Neuwertversicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser- und Sturmschäden) anwendbar sind.

Nach einem Schadensfall nimmt ein Mitglied der Gemeinschaft den Versicherer wegen eines Leitungswasserschadens in seinem Sondereigentum in Anspruch. Der Versicherer bestreitet die Aktivlegitimation des Wohnungseigentümers.

2. Nachdem das Landgericht die Klage wegen Verjährung abgewiesen hatte, ließ das OLG Hamm im Berufungsverfahren diese Frage offen und wies die Berufung aus folgenden Gründen zurück:

Der Kläger (= Eigentümer) habe keine Berechtigung zur alleinigen Geltendmachung des Versicherungsanspruches. Versicherungsnehmerin sei die Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger als Mitglied der Gemeinschaft sei "deshalb (nur) Mitversicherter".

Nach § 14 Abs. 2 VGB 62 könne "ein Versicherter über seine Rechte nicht verfügen, selbst wenn er im Besitz des Versicherungsscheines ist". Er könne "die Zahlung der Entschädigung nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers verlangen". Eine solche Zustimmung liege aber nicht vor.

Da der Versicherer vorprozessual stets mit der Wohnungseigentümergemeinschaftkorrespondiert habe, habe er zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, "mit der Geltendmachung der Forderung durch den Kläger als mitversicherter Person einverstanden zu sein". Zwar sei dem Versicherten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( BGH, vom 11.03.1987, IVa ZR 240/85, NJW-RR 1987, 856) eine Klagebefugnis zuzubilligen, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsanspruch nicht geltend mache und hierfür auch keinen billigenswerten Grund habe, aber hier habe es der Kläger versäumt, substantiiert vorzutragen, warum eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Prozessführungsermächtigung des Klägers nicht erfolgte. Er habe auch nicht dargetan, ob er den Versuch unternommen habe, diese Beschlussfassung herbeizuführen.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Hamm, Urteil vom 03.03.1995, 20 U 335/94, NJW-RR 1995, 1419)

Zu Gruppe 9/II: Versicherungsfragen

Anmerkung:

Das Ergebnis des Oberlandesgerichts Hamm ist richtig - über den Weg kann man nur den Kopfschütteln. Es beginnt schon damit, dass das Gericht den Kläger (= Eigentümer) als "Mitversicherter" bezeichnet. Das OLG scheint gar nicht gemerkt zu haben, dass der Kläger "Versicherungsnehmer" ist (wenn auch nur einer unter den die Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt bildenden Wohnungseigentümern). Es hat weder die Literatur zu Rate gezogen (vgl. z.B. Ausborn, Wohnungseigentum und privatrechtliche Gebäudeversicherung, S. 24), noch die "Klauseln zu den VGB 62".

In der Klausel "841 Wohnungseigentum" (abgedruckt bei Dietz, Wohngebäudeversicherung, Karlsruhe 1990, S. 415) wird eingangs dieser Klausel gesagt "Für den Versicherungsvertrag mit sämtlichen Wohnungseigentümern gilt folgendes ..." Schon dies hätte die Rechtsfindung des OLG beflügeln können, denn schließen alle Wohnungseigentümer den Versicherungsvertrag ab, dann konnte der Kläger nur Versicherungsnehmer sein.

Wie klar der Versicherer bei einer Eigentümergemeinschaft von einer Gruppe von Versicherungsnehmern ausgeht, kann man in § 25 der VGB 88 ("Allgemeine Wohngebäude-Versicherungsbedingungen", abgedruckt bei Dietz, a.a.O.) nachlesen: Dort ist unter Ziffer 1. erwähnt: "Besteht der Vertrag mit mehreren Versicherungsnehmern ..." und in Punkt 4 ist ausdrücklich hervorgehoben. "Bei Versicherung von Wohnungseigentümergemeinschaften gilt ..." Daraus dürfte wohl klar werden, dass die einzelnen Miteigentümer Versicherungsnehmer sind. Das OLG Hamm teilt im Übrigen im Sachverhalt auch noch selbst mit, "die Wohnungseigentümergemeinschaft" habe den Vertrag über die Wohngebäudeversicherung abgeschlossen, sie sei "Versicherungsnehmerin".

Übersehen hat das Gericht, dass es in der Wohngebäudeversicherung keine "mitversicherten" Personen gibt - wie sollte es auch, handelt es sich doch um eine Sachversicherung. Den Begriff des "Mitversicherten" kennt man aus Personenversicherungsverträgen. Außer in der Kranken-, Lebens- und Unfallversicherung ist dieser Begriff auch in der Kraftfahrtversicherung ("mitversicherter Fahrer", "mitversicherter Insasse") und darüber hinaus in der Haftpflichtversicherung zu finden. So ist z.B. der Wohnungseigentumsverwalter "Mitversicherter" in der Grundbesitzerhaftpflichtversicherung der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Würde man sich die Theorie des OLG Hamm zu eigen machen, dass jeder Eigentümer lediglich ein "Mitversicherter" wäre, so bestünde die Wohnungseigentümergemeinschaft samt und sonders aus "Mitversicherten". Da der Verwalter Repräsentant des Versicherungsnehmers ist (vgl. hierzu Jansen/Köhler, Wohnungseigentum und Versicherungsrecht, PiG Nr. 42, S. 134 und ...

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