WEG § 14 Nr. 1
Sachverhalt
Wohnungseigentümer B vermietet sein Wohnungseigentum an Personen, die überwiegend aus dem arabischen Raum stammen und sich vorübergehend in München zu einer medizinischen Behandlung aufhalten. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K klagt gegen diese Nutzung. Diese verstoße gegen das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) sowie die Satzung der Stadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) in ihrer jeweils gültigen Fassung. Das Amtsgericht (AG) weist die Klage ab. Gegen das Urteil legt K Berufung ein. Ohne Erfolg!
Entscheidung
Die Überlassung und Vermietung einer Wohnung auch an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste, insbesondere an sog. Medizin- oder Krankenhaustouristen als solche, halte sich innerhalb des nach dem Gesetz und den getroffenen Vereinbarungen zugelassenen Rahmens, selbst wenn sie gegen die Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) verstoße. Das öffentliche Recht regele nämlich nur das Verhältnis von Bürger zum Staat und begründe grundsätzlich keine Rechte von Privatpersonen untereinander. Gleiches gelte für öffentlich-rechtliche Verwaltungsakte wie die Baugenehmigung.
Im Verhältnis der Wohnungseigentümer seien die Vorschriften des öffentlichen Rechts allerdings bei der Auslegung wohnungseigentumsrechtlicher Normen heranzuziehen. Ob dies dazu führe, dass grundsätzlich sämtliche gesetzlichen Vorschriften insbesondere auch solche des öffentlichen Rechts, unabhängig davon, ob sie drittschützend seien oder nicht, auf das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander anzuwenden seien, ein Eigentümer dementsprechend die Einhaltung sämtlicher öffentlich-rechtlicher Vorschriften von den anderen Wohnungseigentümern verlangen und gerichtlich durchsetzen könne, erscheine allerdings zweifelhaft. Die Frage könne aber offenbleiben. Die Wohnungseigentümer hätten vereinbart, dass man in den Wohnungen wohnen dürfe.
Hinweis
Es lassen sich wohl mehr als 100.000 Medizintouristen jährlich in Deutschland stationär behandeln. Viele Staaten – gerade aus dem Nahen Osten – zahlen ihren Bürgern sogar den Flug und die Behandlung in Europa. Bis zu 400 Wohnungen – davon viele "Eigentumswohnungen" – sollen z. B. in Bonn an Medizintouristen vermietet werden. Und auch nach München zieht es viele ausländische Patienten.
Wohnungseigentumsrechtlich handelt der vermietende Wohnungseigentümer – ist nichts anderes vereinbart – richtig: er darf sein Sondereigentum auch vorübergehend vermieten. Was aber gilt, wenn der vermietende Wohnungseigentümer wegen einer Zweckentfremdungssatzung öffentlich-rechtlich falsch handelt? Das AG Bonn (Urteil v. 30.11.2016, 27 C 13/16) hat daraus einen Nachteil unter den Wohnungseigentümern konstruiert. Meines Erachtens entgegen der Ansicht der Münchener Richter zu Recht! Viele öffentlich-rechtliche Gesetze strahlen mit ihren Wertungen auf das Wohnungseigentumsrecht und die Frage, was Nachteil ist, aus. Nahe liegt das für solche Bestimmungen, die insbesondere den besonderen Konflikt zwischen Menschen regeln, die nahe beieinander wohnen und ihren jeweiligen Gebrauch (Geräusche, Gerüche usw.) aufeinander abstimmen müssen.
Bejaht wurde eine Wertungsübernahme z. B. bei von Kindern ausgehenden Geräuschen für die Wertungen des § 22 Abs. 1a BImSchG oder für die Installation einer Videoüberwachungsanlage für § 6a BDSG. Bei Streitigkeiten über die Bepflanzung unmittelbar benachbarter Gartenteile, an denen jeweils einem der Eigentümer ein Sondernutzungsrecht zusteht, sollen nachbarrechtliche Vorschriften entsprechend anwendbar sein können, z. B. die in dem jeweiligen Land geltenden nachbarrechtlichen Bestimmungen über die Grenzabstände von Bäumen und Sträuchern und ihren Rückschnitt sowie über Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Beseitigungsansprüchen.
Daneben sollen Vorschriften des Denkmalschutz-, Immissions- oder des öffentlichen Baurechts für die Beurteilung, was Nachteil ist, wesentliche Anhaltspunkte geben können. Es spricht nichts dagegen, auch Zweckentfremdungssatzungen zu diesen Gesetzen zu zählen. Besteht in einer Gemeinde eine Zweckentfremdungssatzung und stellt der Verwalter fest, dass ein Wohnungseigentümer gegen diese verstößt, sollte er die anderen Wohnungseigentümer nach hier vertretener Auffassung daher auf diesen Umstand aufmerksam machen. Was die Wohnungseigentümer daraus dann machen, ist ihre Sache.