Alexander C. Blankenstein
Wie dargestellt, handelt es sich nach h. M. auch bei den Maßnahmen der modernisierenden Erhaltung um bauliche Veränderungen, die mit einfacher Mehrheit beschlossen werden können. Amortisieren sich die Kosten, sind sie von allen Wohnungseigentümern zu tragen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG).
Exkurs: Kostentragung bei baulichen Veränderungen
Die Kosten baulicher Veränderungen regelt § 21 WEG. Grundsätzlich gilt, dass diejenigen, die die Baumaßnahme beschlossen haben, auch ihre Kosten zu tragen haben. Von diesem Grundsatz gibt es 2 praxisrelevante Ausnahmen, die in § 21 Abs. 2 Satz 1 WEG geregelt sind:
Kostentragung bei baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums nach § 21 WEG
Kosten amortisieren sich nicht
Werden sich die Kosten voraussichtlich nicht in einem zeitlichen Rahmen von ca. 10 Jahren amortisieren (siehe Kap. 1.2.1.2) oder handelt es sich um eine Maßnahme, bei der eine Kostenamortisation nicht eintreten kann, würden die Kosten derart überschießender Maßnahmen dann von sämtlichen Wohnungseigentümern zu tragen sein, wenn der Maßnahmenbeschluss nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG mit einer Mehrheit von mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen gefasst würde, die mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren.
"Mehr" oder "mindestens" die Hälfte
Nicht unumstritten ist, ob mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentiert sein muss oder ob "mindestens" die Hälfte genügt. Nach diesseits vertretener Auffassung genügt es, wenn mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentiert ist.
1.2.2.1 Erforderliche Mehrheit
Voraussetzung ist also, dass mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen für die Maßnahme stimmen und dabei die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren.
Gesetzliches Kopfprinzip
Die Wohnanlage besteht aus 10 gleich großen Wohnungen, die jeweils 100/1.000 Miteigentumsanteile repräsentieren. In der Eigentümerversammlung sind 6 Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten. 4 von ihnen stimmen für die Maßnahme.
Bereits die abgegebenen Stimmen erreichen nur eine Mehrheit von 2/3 und nicht mehr als 2/3 der in der Versammlung anwesenden bzw. vertretenen Wohnungseigentümer. Darauf, dass die Zustimmenden auch nicht die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren, kommt es gar nicht mehr an.
Hätten 5 der Wohnungseigentümer für die Maßnahme gestimmt, wären die formellen Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG erfüllt und alle Wohnungseigentümer wären in die Kostenverteilung eingebunden, wobei dies angesichts der Tatsache, dass nicht mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentiert sind, nicht gesichert ist.
Die Abstimmung mit der Kostenfolge des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG folgt nach dem auch ansonsten in der Gemeinschaft geltenden Stimmprinzip. Ist das gesetzliche Kopfprinzip durch Vereinbarung abbedungen und gilt das Objekt- oder Wertprinzip, findet es auch bei der Beschlussfassung über die Maßnahmen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG Anwendung.
Stimmprinzip Miteigentumsanteile
In der aus 10 Wohnungen bestehenden Wohnanlage repräsentieren die Wohnungseigentümer W1 und W2 jeweils 200/1.000 Miteigentumsanteile. Die übrigen 8 Wohnungseigentümer repräsentieren jeweils 75/1.000 Miteigentumsanteile. In der Wohnungseigentümerversammlung sind 5 Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten. Die Baumaßnahme wird mit 4 Stimmen, darunter denjenigen von W1 und W2 beschlossen.
Der Beschluss ist mit mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen zustande gekommen. Die Zustimmenden haben auch (mehr als) die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentiert.
1.2.2.2 Abstimmungsvarianten in der Eigentümerversammlung
Im Vorfeld einer Beschlussfassung ist nicht vorauszusehen, wie viele Wohnungseigentümer für eine Maßnahme der baulichen Veränderung stimmen werden. Dies steht erst dann fest, wenn der Versammlungsleiter das Beschlussergebnis verkündet hat. Hier stellt sich das Problem, dass Wohnungseigentümer u. U. unter der Voraussetzung zugestimmt haben, dass eine Kostenverteilung unter allen Wohnungseigentümern erfolgen werde, was aber nicht der Fall ist, wenn tatsächlich nicht mehr als 2/3 der Wohnungseigentümer für die Maßnahme gestimmt haben.
In solchen Fällen ist zu beachten, dass die Stimmabgabe, soweit sie dem Versammlungsleiter zugegangen ist, entsprechend § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr widerrufen werden kann. Sie kann zwar, da sie den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften für Willenserklärungen unterliegt, gemäß §§ 119 ff. BGB angefochten werden. Eine wegen Irrtums angefochtene Stimmabgabe muss aber un...