Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Beim Verkauf einer Eigentumswohnung braucht der Notar ohne besondere Umstände, etwa weil Zweifel am Umfang des Sondereigentums bestehen, nicht in die Grundakten Einsicht zu nehmen, selbst wenn in dem von ihm einzusehenden Wohnungsgrundbuch auf die in den Grundakten befindliche Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird. Es bedarf dann auch keines Hinweises auf die unterbliebene Einsichtnahme oder darauf, dass sich nur mit ihr der Umfang des Sondereigentums ermitteln lasse.
Fakten:
Im Beurkundungstermin über den Erwerb einer Eigentumswohnung gingen alle Beteiligten davon aus, zu der Wohnung gehöre ein Zimmer im darüber gelegenen Dachgeschoss, welches nur über eine in der Wohnung vorhandene Treppe erreichbar war. Dieses Zimmer stand jedoch im Gemeinschaftseigentum, war also nicht Bestandteil des vom nunmehr klagenden Wohnungseigentümer erworbenen Sondereigentums. Der beklagte Notar hatte vor dem Beurkundungstermin das Grundbuch eingesehen, nicht aber die Grundakten. Im Beurkundungstermin lagen Unterlagen zum erworbenen Wohnungseigentum wie die Teilungserklärung, die Abgeschlossenheitsbescheinigung nebst Aufteilungsplänen oder eine Gemeinschaftsordnung nicht vor. Da an dem Dachraum auch ein Sondernutzungsrecht nicht zu erreichen war, verklagte der Wohnungserwerber schließlich den Notar auf Schadensersatz, da er vor Beurkundung keine Einsicht in die Grundakte genommen hätte.
Die Klage war indes erfolglos, da sich der Notar keiner Amtspflichtverletzung schuldig gemacht hatte. Dieser hatte jedenfalls keine Pflicht zur Einsichtnahme in die Grundakten gehabt. Der Notar hatte keinen Anlass gehabt, daran zu zweifeln, dass die Angaben der Parteien zum Bestand der Wohnung denjenigen in der Teilungserklärung beziehungsweise dem dazugehörigen Aufteilungsplan zur Abgeschlossenheitsbescheinigung entsprochen hatten. Eine Pflicht darauf hinzuweisen, dass er die Grundakten nicht eingesehen habe und dass sich der Umfang des Sondereigentums nur durch eine Einsichtnahme in die Grundakten ermitteln lasse, bestand ebenfalls nicht.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 04.12.2008, III ZR 51/08
Fazit:
Eine Pflicht zur Einsichtnahme in die Grundakten ergab sich vorliegend insbesondere auch nicht aus § 21 Abs. 1 BeurkG. Eine Einsichtnahme in die Grundakten ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände notwendig, etwa weil Zweifel am Umfang des Sondereigentums bestehen. Und dies war zumindest im vorliegenden Sachverhalt nicht der Fall.