Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Vollstreckungsantrag der Wohnungseigentümer gegen einen Teileigentümer auf Unterlassung der Nutzung als Spielsalon vermieteter Räume außerhalb der Ladenschlusszeiten
Normenkette
§ 10 WEG, § 15 WEG, § 1004 BGB, § 890 ZPO
Kommentar
1. Verpflichtet ein Unterlassungsgebot den Schuldner (den im Erkenntnisverfahren verurteilten Teileigentümer) zur Einwirkung auf seinen Mieter, so ist ihm auch die Erhebung einer wenig aussichtsreichen Klage gegen den Mieter zuzumuten. Eine Bestrafung (Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO) bleibt möglich, solange der vermietende Teileigentümer nicht alles Zumutbare getan hat, um den Mieter im vorliegenden Fall zur Beachtung der Ladenschlusszeiten zu veranlassen.
2. Bei anhaltenden Verstößen des Schuldners wird der Fortsetzungszusammenhang nicht erst durch die Rechtskraft, sondern schon durch die Zustellung eines Bestrafungsbeschlusses unterbrochen. Dagegen kann aus der Zustellung eines Bestrafungsantrages eine Unterbrechung nicht regelmäßig, sondern nur aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles abgeleitet werden. Grundsätzlich besteht jedoch auch bei Dauerhandlungen die Möglichkeit zur erneuten Verhängung von Ordnungsmitteln, wobei es keinen Unterschied macht, ob man das Verhalten des Schuldners als "Dauerdelikt" oder "fortgesetzte Handlung" qualifiziert. Im vorliegenden Fall durfte der Schuldner nur wegen eines nach erster Bestrafung begangenen fortgesetzten Verstoßes mit weiteren Ordnungsmitteln belegt werden (in Abweichung zu Schuschke, Vollstreckung und vorläufiger Rechtschutz, 1992, Rd. 25 zu § 890 ZPO).
3. Bei Bemessung der Ordnungsmittel ist zu berücksichtigen, dass die Gläubiger gemäß § 1004 BGB mit größeren Erfolgsaussichten als der Schuldner unmittelbar gegen seinen Mieter vorgehen könnten, sodass ein Verschulden am Hinauszögern der Klage gegen den Mieter bei nicht besonders aussichtsreicher Klage nicht allzu schwer ins Gewicht falle. Ein direkter Unterlassungsanspruch der Eigentümer ergibt sich bekanntlich auch gegen den Mieter direkt nach § 1004 BGB, soweit dieser Eigentumsrechte durch eine nach der Ausgestaltung der Wohnungs- und Teileigentumsrechte nicht erlaubte Nutzung der gemieteten Räume beeinträchtigt (Weitnauer, 7. Auflage, Anhang zu § 13 WEG, Rn. 4; OLG München, ZMR 1992, 306 = Gruppe 2, S. 1727; anderer Meinung Wangemann, WM 1987, 46, der jedoch verkennt, dass das Objekt des Mietvertrages nur ein in seinen Nutzungsmöglichkeiten dinglich begrenztes Sondereigentum ist).
4. Kosten:
Die außergerichtlichen Kosten des Bestrafungsverfahrens und des Verfahrens über die Erstbeschwerde werden gegeneinander aufgehoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens über die weitere Beschwerde haben die Gläubiger zu tragen.
5. Wert der I. Instanz: DM 18.000,-, der zurückgewiesenen Erstbeschwerde der Schuldner: DM 10.000,- und der Gläubiger: DM 8.000,- (DM 18.000,-) und der weiteren Beschwerde: DM 6.000,-.
Link zur Entscheidung
( OLG Stuttgart, Beschluss vom 30.09.1992, 8 W 256/92= WM 11/92, 639)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren