Leitsatz
1. Wird einem farbigen Wohnungsinteressenten die Besichtigung einer zur Vermietung bestimmten Wohnung mit der Begründung verweigert, man vermiete nicht an "Neger, äh ... Schwarzafrikaner", so haftet der gewerbliche Wohnungsverwalter auf Schadensersatz und eine Entschädigung in Geld.
2. Überlässt der gewerbliche Wohnungsverwalter die Besichtigung einer Angestellten des Hauseigentümers, so muss er für ein diskriminierendes Verhalten der Angestellten einstehen.
3. Der Diskriminierte kann vom gewerblichen Wohnungsverwalter die Bekanntgabe der Anschrift des Hauseigentümers verlangen.
(Leitsätze der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 823 Abs. 1, 831; AGG
Kommentar
Der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses hatte die Verwaltung seiner Wohnungen einem gewerblichen Wohnungsverwalter überlassen. Dieser bot die freiwerdenden Wohnungen per Anzeige zur Vermietung an. Auf eines dieser Inserate meldete sich telefonisch ein Ehepaar und bat um einen Besichtigungstermin. Der Wohnungsverwalter verwies die Inserenten an die Hausmeisterin; hierbei handelte es sich nicht um eine Mitarbeiterin des Wohnungsverwalters, sondern um eine Angestellte des Hauseigentümers. Als die Wohnungsinteressenten – ein aus Afrika stammendes Ehepaar mit dunkler Hautfarbe – bei der Hausmeisterin vorsprachen, erklärte diese: "An Neger, äh ... Schwarzafrikaner und Türken wird nicht vermietet." Die abgewiesenen Mietinteressenten wandten sich daraufhin an ein sog. "Antidiskriminierungsbüro". Im Anschluss hieran nahmen die Mietinteressenten den Wohnungsverwalter auf Schadensersatz (Fahrtkosten zum Antidiskriminierungsbüro und Fahrtkosten zur Besichtigung der Wohnung) sowie auf Zahlung eines "Schmerzensgeldes" (2 x 2.500 EUR) in Anspruch. Das erstinstanzlich zuständige LG Aachen hat die Klage abgewiesen (LG Aachen, Urteil v. 17.3.2009, 8 O 449/07, NZM 2009 S. 318).
Die Berufung hatte Erfolg: Nach Ansicht des OLG Köln folgt der Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 823 Abs. 1 i. V. m. § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB. Es haftet unter anderem derjenige auf Schadensersatz, der ein "sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt" (§ 823 Abs. 1 BGB). Zu den sonstigen Rechten in diesem Sinne zählt auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das u. a. Schutz vor Diskriminierung bietet. Das Gericht führt hierzu aus, dass die Bezeichnung eines Farbigen als "Neger" nach heutigem Sprachgebrauch diskriminierend ist und den Betroffenen in seiner Menschenwürde verletzt.
Die Verletzungshandlung wurde allerdings nicht von dem Wohnungsverwalter, sondern von der Hausmeisterin – einer Angestellten des Hauseigentümers – begangen. Deren Verhalten ist dem Wohnungsverwalter nur zuzurechnen, wenn dieser die Hausmeisterin "zu einer Verrichtung bestellt" hat (§ 831 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach Ansicht des OLG Köln ist die Hausmeisterin als "Verrichtungsgehilfin" in diesem Sinne anzusehen, weil sie die Besichtigung im Auftrag des Wohnungsverwalters hätte durchführen sollen. Für solche Personen kann sich der zur Vermietung Berechtigte nur entlasten, wenn er diese entsprechend schult und überwacht (§ 831 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies war nicht der Fall.
Auch Hauseigentümer haftet
Neben der Haftung des Wohnungsverwalters kommt auch eine Haftung des Hauseigentümers in Betracht. Das OLG Köln hat hierzu in einem weiteren Teil der Entscheidung ausgeführt, dass der Wohnungsverwalter die Anschrift des Hauseigentümers auf Verlangen des Diskriminierten bekannt geben muss.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Urteil vom 19.01.2010, 24 U 51/09