Rdn 4119

 

Literaturhinweise:

Ferber, Das Opferrechtsreformgesetz, NJW 2004, 2562

Häner, Verfahren beim Ausbleiben des gerichtlich geladenen Zeugen, JR 1984, 496

Neuhaus, Das Opferrechtsreformgesetz 2004, StV 2004, 620

Rose, Die Ladung von Auslandszeugen im Strafprozeß, wistra 1998, 11

s.a. die Hinw. bei → Auslandszeuge, Teil A Rdn 482, und bei → Zeuge, Allgemeines, Teil Z Rdn 4071.

 

Rdn 4120

1.a) Für die Ladung von Zeugen, die nach der Neuregelung des § 48 Abs. 1 durch das 2. OpferRRG v. 29.7.2009 verpflichtet sind, zu dem zu ihrer Vernehmung bestimmten Termin vor dem Richter zu erscheinen, gilt § 214 Abs. 1. Die Ladung wird also vom Vorsitzenden angeordnet. Dieser muss nach § 48 Abs. 2 auch bestimmen, auf welche den Interessen des Zeugen dienende verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Zeuge in der Ladung hinzuweisen ist (krit. dazu Meyer-Goßner/Schmitt, § 48 Rn 3a; vgl. a. Nr. 64 Abs. 1 S. 3 RiStBV). Die Geschäftsstelle des Gerichts hat dann die Aufgabe, die Ladung zu bewirken (zur Ladung eines Zeugen im Ausland durch einfachen Brief BGH, Beschl. v. 28.11.2017 – 3 StR 272/17).

 

Rdn 4121

b) Zeugen müssen der Ladung Folge leisten. Das Gericht ist nicht verpflichtet, Termine mit einem Zeugen abzustimmen (BVerfG NJW 2002, 955; OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2011 – 2 Ws 796/11). Bei Nichterscheinen eines Zeugen kann gegen ihn ein Ordnungsmittel festgesetzt werden (→ Zeuge, Nichterscheinen, Teil Z Rdn 4132; zur Ladung von Auslandszeugen Rose wistra 1998, 11; Meyer-Goßner/Schmitt, § 48 Rn 6 m.w.N.), und zwar auch dann, wenn die Wahrnehmung des Termins durch den Zeugen mit beruflichen Pflichten kollidiert (BVerfG, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.). Hat der Zeuge nach Erhalt der Ladung erklärt, er mache von seinem ZVR Gebrauch, kann das Gericht aber davon absehen, auf seinem Erscheinen in der HV zu bestehen, es sei denn, die Zeugnisverweigerung beruht auf einem Irrtum (BGH NJW 1966, 742).

 

☆ Die Ladung und ggf. die Vorführung eines Zeugen kann trotz etwaiger damit verbundener Gesundheitsrisiken aufgrund der Corona-Pandemie verhältnismäßig sein, wenn dabei strenge Hygieneregeln beachtet werden (BGH, Beschl. v. 17.11.2020 – 3 ARs 14/20 [Ladung vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss]).Corona-Pandemie verhältnismäßig sein, wenn dabei strenge Hygieneregeln beachtet werden (BGH, Beschl. v. 17.11.2020 – 3 ARs 14/20 [Ladung vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss]).

 

Rdn 4122

2. Der Verteidiger hat folgende Möglichkeiten, um bereits im Rahmen der → Vorbereitung der Hauptverhandlung, Teil V Rdn 3944, auf die Ladung von Zeugen Einfluss zu nehmen:

a) Er wird zunächst gem. § 219 Abs. 1 einen (Beweis-)Antrag auf Ladung eines Zeugen durch das Gericht stellen, den er an den Vorsitzenden richten muss (→ Beweisantrag zur Vorbereitung der Hauptverhandlung, Teil B Rdn 1208).

 

☆ Ist auf einen vor der HV gestellten Antrag des Verteidigers gem. § 219 vom Vorsitzenden ein Zeuge geladen worden, der dann aber in der HV nicht erschienen ist, muss der Verteidiger in der HV erneut einen Beweisantrag auf Vernehmung dieses Zeugen stellen. Anderenfalls kann sein Schweigen ggf. als →  Beweisverzicht , Teil B Rdn  1373 , angesehen werden (OLG Hamm NJW 1999, 1416 [Ls.]).Zeuge geladen worden, der dann aber in der HV nicht erschienen ist, muss der Verteidiger in der HV erneut einen Beweisantrag auf Vernehmung dieses Zeugen stellen. Anderenfalls kann sein Schweigen ggf. als → Beweisverzicht, Teil B Rdn 1373, angesehen werden (OLG Hamm NJW 1999, 1416 [Ls.]).

 

Rdn 4123

Lehnt der Vorsitzende den Antrag ab, kann der Angeklagte/Verteidiger diesen Zeugen gem. § 220 Abs. 1 unmittelbar laden lassen (zu den Besonderheiten bei Auslandszeugen → Auslandszeuge, Teil A Rdn 482). Durch diese Selbstladung wird stärker auf den Gang der HV Einfluss genommen als durch die Stellung eines Beweisantrags nach § 244 Abs. 3–5. Die Vernehmung eines unmittelbar geladenen Zeugen kann das Gericht nämlich nur unter den strengeren Voraussetzungen des § 245 Abs. 2 S. 2 und 3 ablehnen (→ Präsentes Beweismittel, Teil R Rdn 2468).

 

☆ Das Selbstladungsverfahren ist insbesondere dann zu empfehlen , wenn ein (Beweis-) Antrag vor der HV ohne oder mit fehlerhafter Begründung abgelehnt worden ist oder es sich während der HV als notwendig erweist, einem bereits entlassenen Zeugen noch Fragen zu stellen ( Dahs , Rn 475).empfehlen, wenn ein (Beweis-)Antrag vor der HV ohne oder mit fehlerhafter Begründung abgelehnt worden ist oder es sich während der HV als notwendig erweist, einem bereits entlassenen Zeugen noch Fragen zu stellen (Dahs, Rn 475).

 

Rdn 4124

b) Der Verteidiger kann den Zeugen auch – ohne ihn zuvor förmlich zu laden – gem. § 222 Abs. 2 in der HV (nur) stellen. Für die Ablehnung seiner Vernehmung gilt dann aber nicht § 245, sondern § 244 (Meyer-Goßner/Schmitt, § 245 Rn 16; → Präsentes Beweismittel, Teil P Rdn 2468).

 

Rdn 4125

3. Dem Zeugen steht gegen die Ladung kein Rechtsmittel zu (Meyer-Goßner/Schmitt, § 214 Rn 15), und zwar auch dann nicht, wenn der Zeuge nicht aussagen muss. Das gilt auch, ...

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