Das Wichtigste in Kürze:

1. Zustellungsfragen können auch im Strafverfahren von Bedeutung sein.
2. Das Zustellungsverfahren wird in den §§ 36 ff. geregelt.
3. § 37 Abs. 1 verweist wegen der Vorschriften über das Zustellungsverfahren auf die ZPO. Damit gelten die §§ 166195 ZPO.
4. Für die Zustellung an den Verteidiger enthält § 145a Abs. 1, 3 eine besondere Regelung.
5. Wesentliche Mängel bei der Durchführung der Zustellung führen zu deren Unwirksamkeit.
 

Rdn 4294

 

Literaturhinweise:

Burhoff, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft im Straf(verfahrens)recht, StRR 2008, 287

Dübbers, Das neue "Einwurf Einschreiben" der Deutschen Post AG und seine juristische Einordnung, NJW 1997, 2503

Dübbers/Kim, Rechtliche Probleme bei Einwurf- und Übergabeeinschreiben, NJ 2001, 65

Goldbach/Friedrich, Verteidigung im Ordnungswidrigkeitenverfahren mit Vollmacht im Hinblick auf die Verjährung, VRR 2008, 208

Gutt/Krenberger, Neues zur Verjährungsunterbrechung – eine Rechtsprechungsübersicht zu §§ 3133 OWiG, DAR 2014, 187

Hillenbrand, Zustellungsfehler im Strafverfahren – Retter in der (Verteidiger-)Not, ZAP F 22, S. 921

Karst, Zum Nachweis der Prozeßvollmacht gem. § 80 I ZPO durch Telefax, NJW 1995, 3278

Kotz, Verteidigungsansätze im Zusammenhang mit der Zustellung gerichtlicher Entscheidungen – Teil 1, StRR 2013, 4

ders., Verteidigungsansätze im Zusammenhang mit der Zustellung gerichtlicher Entscheidungen – Teil 2, StRR 2013, 44

ders., Verteidigungsansätze im Zusammenhang mit der Zustellung gerichtlicher Entscheidungen – Teil 3, StRR 2013, 84

ders., Verteidigungsansätze im Zusammenhang mit der Zustellung gerichtlicher Entscheidungen – Teil 4, StRR 2013, 124

Kulhanek, Anklagen mit Zustellungsbevollmächtigten, NStZ 2015, 495

Mayer, Die Zustellungsvollmacht im Strafprozessrecht, NStZ 2016, 76

Neuhaus/Köther, Die Möglichkeiten der Ersatzzustellung in der ZPO, MDR 2009, 537

Rosenbach, Das neue Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) des Bundes, DVBl. 2005, 816

Schwab, Die Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde, VD 1990, 220

Seifert, Zustellungsvollmacht, Strafbefehlsverfahren und der fair trial-Grundsatz, StV 2018, 123

s.a. die Hinw. bei → Verteidiger, Vollmacht des Verteidigers, Teil V Rdn 3826, und bei Burhoff/Burhoff, OWi Rn 4301.

 

Rdn 4295

1. Die Zustellung einer Entscheidung richtet sich im Strafverfahren nach den §§ 35 ff. Im Zusammenhang mit der HV handelt es sich meist um die Zustellung des Urteils. Durch die Zustellung wird, wenn die HV in Abwesenheit des Angeklagten stattgefunden hat (→ Berufung, Verwerfung, Ausbleibens des Angeklagten, Allgemeines, Teil A Rdn 785; → Verhandlung ohne den Angeklagten, Teil V Rdn 3358), die Rechtsmittelfrist in Lauf gesetzt. Hat der Angeklagte gegen ein Urteil Revision eingelegt, wird durch die wirksame Zustellung des begründeten Urteils die Revisionsbegründungsfrist in Gang gesetzt (→ Revision, Begründung, Frist, Teil R Rdn 2705). Außerdem ist die Zustellung erforderlich, wenn die Ladungsfrist der §§ 217, 218, 323 gewahrt werden muss (→ Ladung des Angeklagten, Teil L Rdn 2185; → Ladung des Verteidigers, Teil L Rdn 2198).

 

☆ Der Verteidiger muss die Wirksamkeit einer Zustellung im Hinblick auf die ggf. weitreichenden Folgen ihrer Unwirksamkeit sorgfältig prüfen . Eine nicht wirksame Zustellung/ein Zustellungsfehler kann bei einer vermeintlichen Fristversäumung der Retter in der Not sein (dazu Hillenbrand ZAP F 22, S. 921 ff.). Ein Antrag auf →  Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , Teil W Rdn  4038 , bei vermeintlich versäumter Rechtsmittel(-begründungs-)frist ist nämlich überflüssig, wenn das Urteil nicht wirksam zugestellt worden ist. Das spielt häufig eine Rolle, wenn eine Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt werden soll. Dann richtet sich die Berechnung der Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung (§ 37 Abs. 2) mit der Folge, dass ggf. noch keine Fristversäumung vorliegt (dazu z.B. BGHSt 22, 231; Beschl. v. 31.7.2018 – 5 StR 328/18, NStZ-RR 2020, 163 [Ci/Ni]; Beschl. v. 2.3.2021 – 2 StR 267/21 [faktische Fristverlängerung]; grds.a. BGH NStZ 2017, 271; s. noch OLG Hamm NStZ-RR 2009, 144; 2013, 215 [Ls.]; Beschl. v. 6.2020 – 4 RBs 34/20, zfs 2021, 532; Meyer-Goßner/Schmitt , § 37 Rn 29).Wirksamkeit einer Zustellung im Hinblick auf die ggf. weitreichenden Folgen ihrer Unwirksamkeit sorgfältig prüfen. Eine nicht wirksame Zustellung/ein Zustellungsfehler kann bei einer vermeintlichen Fristversäumung der "Retter in der Not sein" (dazu Hillenbrand ZAP F 22, S. 921 ff.). Ein Antrag auf → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 4038, bei vermeintlich versäumter Rechtsmittel(-begründungs-)frist ist nämlich überflüssig, wenn das Urteil nicht wirksam zugestellt worden ist. Das spielt häufig eine Rolle, wenn eine Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt werden soll. Dann richtet sich die Berechnung der Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung (§ 37 Abs. 2) mit der Folge, dass ggf. noch keine Fristversäumung vorliegt (dazu z.B. BGHSt 22, 231; Beschl. v. 31.7.2018 – 5 StR 3...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?