In der zweiten Jahreshälfte 2015 und zum 1.1.2016 haben mehrere Gesetze zu Änderungen im SGB V geführt.
a) Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
aa) Medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderungen
Das seit dem 23.7.2015 in Kraft getretene vorerwähnte Gesetz führt u.a. zu Verbesserungen in der medizinischen Versorgung von Menschen mit Behinderungen. § 22a SGB V sieht für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (i.S.d. § 45a SGB XI) und für Menschen mit Behinderungen, die Eingliederungshilfe nach dem SGB XII erhalten, einen Anspruch auf ein individuelles Präventionsmanagement zur Verhütung von Zahnerkrankungen vor. Die allgemeine Altersgrenze von 18 Jahren, die das Gesetz für diese Leistungen bestimmt (§ 22 Abs. 1 SGB V), gilt hier nicht. § 87b Abs. 2 S. 6 SGB V regelt, dass anästhesiologische Leistungen bei der zahnärztlichen Behandlung von Menschen mit mangelnder Kooperationsfähigkeit wieder angemessen honoriert werden. Die fehlende Honorierung der Anästhesisten führte dazu, dass Zahnärzte diesem Personenkreis ambulante Leistungen, die nur unter Narkose durchzuführen sind, oft nicht anbieten konnten. § 119c SGB V bildet die gesetzliche Grundlage, um medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistigen und schweren Mehrfachbehinderungen einzurichten. Solche Behandlungszentren standen bisher nur behinderten Kindern und Jugendlichen bis zur Altersgrenze von 18 Jahren offen.
bb) Schnellere Facharztbehandlung
§ 75 Abs. 1 lit. a SGB V will den Versicherten einen schnelleren Zugang zum Facharzt durch Terminservicestellen verschaffen. Diese Stellen hatten die kassenärztlichen Vereinigungen bis zum 23.1.2016 einzurichten. Patienten soll bei Vorliegen einer Überweisung zum Facharzt binnen einer Woche ein Behandlungstermin vermittelt werden (aber nicht bzw. nicht zwingend bei einem Facharzt ihrer Wahl). Die Wartezeit auf den Behandlungstermin selbst darf vier Wochen nicht überschreiten, gerechnet von dem Tag an, an dem sich der Versicherte an die Servicestelle wendet.
cc) Ärztliche Zweitmeinung
Versicherte, bei denen die Indikation zu einem planbaren Eingriff gestellt wird, bei dem insbesondere im Hinblick auf die zahlenmäßige Entwicklung seiner Durchführung die Gefahr einer Indikationsausweitung nicht auszuschließen ist (wenn also auffällig häufig operiert wird), haben gem. § 27b Abs. 1 S. 1 SGB V Anspruch darauf, eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung bei einem Arzt oder einer Einrichtung nach Absatz 3 der Vorschrift (in Betracht kommen hiernach neben zugelassenen Ärzten auch medizinische Versorgungszentren, ermächtigte Ärzte und Einrichtungen, zugelassene Krankenhäuser sowie nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, die nur zu diesem Zweck an der Versorgung teilnehmen) einzuholen. Die Zweitmeinung kann nicht bei einem Arzt oder einer Einrichtung eingeholt werden, durch den oder durch die der Eingriff durchgeführt werden soll, § 27b Abs. 1 S. 2 SGB V. Der Gemeinsame Bundesausschuss (§ 91 SGB V) soll nach § 27b Abs. 2 SGB V festlegen, bei welchen Indikationen ein solcher Anspruch besteht und welche Expertise Ärzte aufweisen müssen (s. Kriterien in Satz 3 der Norm), die zur Abgabe einer Zweitmeinung berechtigt sind.
dd) Flexibilisierung des Therapieangebots
§ 92 Abs. 6a S. 3 SGB V beauftragt den Gemeinsamen Bundesausschuss (§ 91 SGB V) bis zum 30.6.2016 in den Richtlinien Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebots, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung von Antrags- und Gutachterverfahren. Hierdurch soll der Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung verbessert werden.
b) Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung
Dieses zum 8.12.2015 in Kraft getretene Gesetz sieht bei der ambulanten und stationären Hospiz- und Palliativversorgung Verbesserungen vor.
aa) Ambulante Palliativversorgung
Die palliative Versorgung ist nunmehr explizit Bestandteil der Krankenbehandlung, § 27 Abs. 1 S. 2 SGB V. Es besteht jetzt ein Rechtsanspruch auf allgemeine ambulante Palliativversorgung, § 37 Abs. 2a SGB V.
bb) Individuelle Beratung und Hilfestellung zur Palliativversorgung
§ 39b Abs. 1 SGB V bietet Versicherten einen Rechtsanspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung zu den Leistungen der Hospiz- und Palliativversorgung durch die Krankenkasse. Das Gesetz sieht des Weiteren verbesserte Finanzierungsgrundlagen für stationäre Hospize, ambulante Hospizdienste sowie ambulanter und stationärer Palliativversorgung vor.
c) Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung
Dieses zum 1.1.2016 in Kraft getretene Gesetz schließt bisher bestehende ambulante Versorgungslücken bei der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung nach Krankenhausaufenthalt (§ 37 SGB V) für die Haushaltshilfe bei ambulanter Behandlung (Pflichtleistung nach § 38 Abs. 1 S. 3 SGB V) und hinsichtlich der Kurzzeitpflege als Krankenhausnachsorge, § 39c SGB V. Damit wird der Zustand beendet, dass nach der Rückkehr aus einem Klinikaufenthalt oder einer ambulanten Operation zu Hause vorübergehend Hilfe- oder Pflegebedarf bestand, ohne dass entsprechende Ansprüche gegenüber den Krankenkassen gegeben waren.
d) Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendung im Gesundheitswesen
Als Teil dieses Gesetzes (in Kraft seit dem 29.12.2015) muss ein Haus- oder Facharzt nach § 31a SGB V Patienten, die gleic...