a) EU-Recht und FeV
Der lang währende Streit um den "EU-Führerscheintourismus" und seine Auswirkungen auf die deutsche (Straf-)Rechtsordnung hat sich deutlich beruhigt (zu den rechtlichen Grundlagen und der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH s. die früheren Berichte). Der EuGH (NZV 2016, 38 = DAR 2015, 382 = StRR 2015, 307 = VRR 8/2015, 15 [jew. Pießkalla]) hat klargestellt, dass die Anordnung einer isolierten Sperrfrist nach § 69a Abs. 1 S. 3 StGB (§ 28 Abs. 4 S. 1 Ziff. 4 FeV) als Einschränkung, Aussetzung oder Entzug der Fahrerlaubnis zu verstehen ist mit der Folge, dass sie der Anerkennung der Gültigkeit jedes von einem anderen Mitgliedstaat vor Ablauf dieses Zeitraums ausgestellten Führerscheins entgegensteht. Auch hat der EuGH (NJW 2015, 3219 = NZV 2016, 51 = VRR 11/2015, 17 [Pießkalla]) entschieden, dass der Ausstellerstaat zwar Nachweise des dortigen Wohnsitzes verlangen, dies aber nicht ausschließlich auf die Eintragung in das nationale Melderegister beschränken darf.
Tauscht eine Fahrerlaubnisbehörde eines EU- oder EWR-Mitgliedstaats einen aus einem anderen Mitgliedstaat stammenden EU- oder EWR-Führerschein um, ist für die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV (Wohnsitz zum Zeitpunkt der Erteilung) jedenfalls dann auf den durch Umtausch erlangten Führerschein abzustellen, wenn im Zusammenhang mit dem Umtausch die Gültigkeitsdauer der Fahrerlaubnis verlängert wird (OLG Stuttgart NZV 2015, 512 = DAR 2015, 277 m. Anm. Koehl).
Liegt der Fahrerlaubnisbehörde eine Auskunft aus einem ausländischen Register vor, nach der der Antragsteller keine gültige EU-Fahrerlaubnis des Ausstellermitgliedstaats besitzt, so kann ihm nach § 28 Abs. 5 S. 1 FeV nicht das Recht erteilt werden, von einer nach seinen Angaben erteilten EU-Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Es ist Sache des Antragstellers und nicht der Fahrerlaubnisbehörde, mit den Behörden des anderen EU-Staates zu klären, ob die Auskunft aus dem Register zutreffend ist (VGH München NJW 2015, 3114 = NZV 2016, 53 = zfs 2015, 479).
b) Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG)
Die Obergerichte haben die erforderlichen Feststellungen bei einer Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in den letzten Jahren deutlich verschärft: Über Feststellungen zu Ort und Zeit der Fahrt, die Identität des Fahrzeugs sowie des Fehlens der nötigen Fahrerlaubnis und des Vorsatzes hinaus sollen Feststellungen auch zur Fahrstrecke, zu den Beweggründen und zum Anlass der Tat sowie zu den Verkehrsverhältnissen bei ihrer Begehung zu treffen sein (etwa OLG München NZV 2014, 51 = zfs 2012, 472 = VRR 2012, 343 [Burhoff]; OLG Bamberg DAR 2013, 585 = StRR 2014, 226/VRR 2013, 429 [jew. Hilllenbrand]). Das hat insbesondere Auswirkungen auf die Frage, ob eine Berufung wegen hinreichender Feststellungen wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden kann. Das OLG Nürnberg teilt jene Ansicht nicht und hat die Rechtsfrage dem BGH zur Entscheidung nach § 121 Abs. 2 GVG vorgelegt (VRS 129, 147).
Literaturhinweis:
Zur Verteidigung des Fahrzeugführers beim Fahren ohne Fahrerlaubnis Krumm zfs 2015, 610.