a) Alkohol
Weiterhin sorgt die Entscheidung des VGH Mannheim aus dem Jahr 2014 für Unruhe, wonach die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss für ein Wiedererteilungsverfahren die Notwendigkeit der Anordnung einer MPU auslösen soll, selbst wenn die BAK zur Tatzeit unter 1,6 ‰ – hier: 1,20 ‰ – lag (NJW 2014, 1833 = NZV 2014, 541 = DAR 2014, 416 mit abl. Besprechung Mahlberg DAR 2014, 419 = zfs 2014, 235 m. Anm. Haus 479 = StRR 2015, 70 [Pießkalla]). Diese Ansicht hat der VGH Mannheim bekräftigt (DAR 2015, 592 = zfs 2015, 539), der VGH München hat sich dem angeschlossen (DAR 2016, 41 m. abl. Anm. Koehl = zfs 2016, 52 = VRR 3/2016, 15 [Pießkalla]), das OVG Münster hat dies offengelassen (DAR 2015, 607). Nach wie vor wird diese Entwicklung von namhaften Stimmen abgelehnt (Koehl DAR 2015, 607; NZV 2016, 16; Mahlberg DAR 2015, 756). Der Arbeitskreis II des 54. Verkehrsgerichtstags hatte im Januar 2016 diese Problematik zum Gegenstand und empfiehlt eine eindeutige Formulierung des § 13 FeV, wobei aufgrund der Rückfallwahrscheinlichkeit die Anordnung der MPU bei Kfz-Führern bereits ab 1,1 ‰ erfolgen sollte ( http://www.deutscher-verkehrsgerichtstag.de/images/empfehlungen_pdf/empfehlungen_54_vgt.pdf ).
Hinweis:
Gegen das Urteil des VGH München läuft ein zugelassenes Revisionsverfahren beim BVerwG (Pießkalla a.a.O.). Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
Literaturhinweise:
Wichtige Rechtsprechung zu Alkoholkonsum und Fahreignung bei Koehl zfs 2016, 4. Allgemein zur MPU und ihrer Stellung im Fahrerlaubnisrecht Rebler NZV 2016, 61. Zur den Anforderungen an die anwaltliche Beratung vor einer MPU Muffert/Müller DAR 2016, 128.
Die Anordnung eines MPU-Gutachtens auf der Grundlage von § 13 S. 1 Nr. 2e Alt. 2 FeV kommt lediglich dann in Betracht, wenn durch die Begutachtung festgestellt werden soll, ob eine in der Vergangenheit alkoholabhängige Person die Fahreignung deshalb wiedererlangt hat, weil sie jedenfalls jetzt nicht mehr alkoholabhängig ist. Dient eine Fahreignungsbegutachtung demgegenüber dazu, abzuklären, ob eine Person überhaupt alkoholabhängig ist, kommt lediglich die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage von § 13 S. 1 Nr. 1 FeV in Betracht. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Sachverhaltsprüfung kommt die Entziehung der Fahrerlaubnis unabhängig von einer ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Begutachtung dann in Betracht, wenn mit hoher Evidenz Anknüpfungstatsachen für einen Rückfall des Betroffenen in die in der Vergangenheit diagnostizierte Alkoholabhängigkeit vorliegen (VGH Mannheim DAR 2016, 101 = zfs 2015, 714).
Ist die Fahrerlaubnis wegen eines Alkoholdelikts entzogen und nachfolgend nach einer positiven MPU wiedererteilt worden, sind erneut Zweifel an der Fahreignung und die Anordnung einer neuen MPU gerechtfertigt, wenn der Betroffene rund drei Jahre später mit einer Atemalkoholkonzentration von 1,79 ‰ orientierungslos zu Fuß auf einer Autobahn, in Schlangenlinien laufend von der Polizei aufgegriffen wird (VG Neustadt a.d. Weinstraße DAR 2015, 539 = VRR 2/2016, 18 [Pießkalla]).
b) Drogen
Der gelegentliche Einwand, der in Rede stehende Drogenkonsum sei unbewusst erfolgt, hat nur selten Erfolg. Die unbewusste Verabreichung von Betäubungsmitteln durch Dritte stellt sich als Ausnahmetatbestand dar, der vom Betroffenen glaubhaft und widerspruchsfrei darzutun ist. Angesichts der Gefahren, die von einem Drogenkonsum im Straßenverkehr für die übrigen Verkehrsteilnehmer ausgehen, sind an die Plausibilität der Einlassungen erhöhte Anforderungen zu stellen. Allein die Vermutung, die Droge könne von einer anderen Person verabreicht worden sein, rechtfertigt nicht die Annahme einer unwissentlichen Aufnahme (VGH München zfs 2016, 175; VG Neustadt a.d. Weinstraße NZV 2015, 614).
c) Verfahrensfragen
Nach § 3 Abs. 4 StVG besteht bei der verwaltungsrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis eine Bindungswirkung an eine strafrechtliche Entscheidung. Auch bei der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung in einem Strafverfahren können Fahrerlaubnisbehörde und Verwaltungsgericht grundsätzlich von den für die Fahreignung relevanten strafrichterlichen Feststellungen ausgehen, sofern nicht ausnahmsweise gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen (VGH München NJW 2015, 2988 = NZV 2015, 566 = DAR 2015, 219; zur Bindungswirkung im Rahmen des § 13 S. 1 Nr. 2c, d FeV Pießkalla VRR 10/2015, 3). Ging das Strafgericht bei einer Verurteilung unzutreffend davon aus, dass der Verurteilte keine deutsche Fahrerlaubnis besaß, ist der rechtskräftige Strafbefehl auslegungsfähig und bei der gebotenen Auslegung dahin zu verstehen, dass er einschränkungslos und bindend die Kraftfahreignung verneint, so dass dann die Fahrerlaubnisentziehung ohne weitere Eignungsprüfung auf § 3 Abs. 1 S. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV gestützt werden kann (OVG Lüneburg DAR 2016, 100).
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Anordnung zur Beibringung eines ...