1. Betriebsgefahr (§§ 7, 8, 17 StVG)
Das OLG München (DAR 2016, 87) hat die Frage der Betriebsgefahr erörtert, wenn sich während der Fahrt ein auf einem Anhänger transportiertes Fahrzeug löst: Die Betriebsgefahr des Transportzugs, die auf dem Betrieb des ziehenden Fahrzeugs beruht und das aufgeladene Fahrzeug mitumfasst, dauert fort, wenn sich das transportierte Fahrzeug vom Anhänger löst und dabei mit einem anderen Fahrzeug kollidiert. Dann beruht der Unfall ursächlich auf der Gefahrenlage, in die der Betrieb des ziehenden Fahrzeugs das transportierte Fahrzeug gebracht hat.
Ein durch "Kommenlassen" der Kupplung Starthilfe leistender Pannenhelfer haftet nicht für Schäden, die hierbei bei einer anderen, das Fahrzeug mitanschiebenden Person entstehen (§ 8 Abs. 2 StVG; s. OLG Oldenburg DAR 2016, 28).
Kommt es bei Mäharbeiten am Straßenrand zu einer Beschädigung eines anderen Fahrzeugs, kann beim ordnungsgemäßen Betrieb des den Sicherheitsanforderungen genügenden Mähwerks ein unabwendbares Ereignis i.S.v. § 17 Abs. 3 StVG vorliegen (OLG Hamm NZV 2016, 125 = VRR 10/2015, 10 [Hilllenbrand]).
2. Anscheinsbeweis (§§ 7 ff. StVG)
Bei einem Kettenauffahrunfall kommt ein Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Verursachung des Heckaufpralls durch den letzten in der Kette auffahrenden Verkehrsteilnehmer nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass das ihm vorausfahrende Fahrzeug des Geschädigten rechtzeitig hinter seinem Vordermann zum Stehen gekommen ist und nicht durch einen Aufprall auf das vorausfahrende Fahrzeug den Bremsweg des ihm folgenden Fahrzeugs verkürzt hat. Führen bei einem Kettenauffahrunfall die Schäden im Front- und Heckbereich des geschädigten Kraftfahrzeugs zu einem wirtschaftlichen Totalschaden und ist nicht feststellbar, ob der Frontschaden durch das Auffahren des nachfolgenden Fahrzeugs verursacht wurde, kann der gegen den Auffahrenden begründete Schadensersatzanspruch betreffend den Heckanstoß nach § 287 ZPO durch die quotenmäßige Aufteilung des Gesamtschadens, gemessen am Verhältnis der jeweiligen Reparaturkosten, ermittelt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Verursachung auch des Frontschadens durch den Auffahrenden nicht weniger wahrscheinlich ist als die Entstehung des Frontschadens unabhängig vom Heckaufprall (OLG Hamm NZV 2016, 35).
Die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises bestimmt sich in Verfahren mit internationalem Bezug (hier: Verkehrsunfall in Frankreich) nicht nach dem ausländischen Recht, sondern nach den Regeln des deutschen Zivilprozessrechts als dem Recht am Ort des angerufenen Gerichts. Der Anscheinsbeweis spricht für eine Vorfahrtsverletzung des Wartepflichtigen, wenn es in einem Einmündungsbereich zu einer Kollision kommt. Ist allerdings anhand von Lichtbildern davon auszugehen, dass die Kollisionsstelle hinter der Einmündung lag, so greift der Anscheinsbeweis nicht zu Lasten des Wartepflichtigen (LG Saarbrücken NJW 2015, 2823 = NZV 2015, 488 = DAR 2015, 698; allg. zum Anscheinsbeweis Sieger zfs 2015, 669).
3. Haftungsverteilung, Mitverschulden (§§ 7 StVG, 254 BGB)
Fahren Motorradfahrer als Pulk auf der Landstraße in wechselnder Reihenfolge als Gruppe ohne Einhaltung des Sicherheitsabstands, führt dies zu einem Haftungsausschluss wegen des einvernehmlichen Eingehens eines nicht unerheblichen Risikos. Kollidiert der dritte Fahrer mit dem zweiten, nachdem der erste einen Unfall verursacht hat und beide nicht mehr ausreichend bremsen können, hat der zweite gegen den dritten Fahrer keine Ansprüche aus §§ 7, 17 StVG (OLG Frankfurt NJW 2015, 3522 = NZV 2016, 79 = zfs 2016, 77 = VRR 12/2015, 9 [Kümmerle]).
Bei unachtsamem Verhalten eines Fußgängers bestehen für den Fahrzeugführer Brems- und Ausweichpflichten sowie die Notwendigkeit, die Geschwindigkeit herabzusetzen, sobald er sieht, dass ein Fußgänger die Straße betritt. Gegenüber Fußgängern, die aus Sicht des Kraftfahrzeugführers von links kommend eine mehrspurige Fahrbahn überqueren wollen, gilt das gleichermaßen. Darüber hinaus darf sich ein Fahrzeugführer nicht ohne weiteres darauf verlassen, dass Fußgänger in der Fahrbahnmitte oder vor seiner Fahrbahnbegrenzung noch warten werden, um ihn vorbeifahren zu lassen. Wer als Fußgänger Fahrbahnen ohne Beachtung des Straßenverkehrs überquert, handelt aber in erheblichem, nicht mehr nachvollziehbarem Umfang unsorgfältig, was zur Anrechnung eines Mitverschuldens führen kann (OLG München VRR 10/2015, 11 [Schulz-Merkel]).
Das erhebliche Verschulden eines mit 2,49 ‰ alkoholisierten Fußgängers, der bei dem Versuch, sich seitlich an einem auf einem Kundenparkplatz langsam vorwärtsfahrenden Lastzug abzustützen, zwischen die Hinterachsen des Sattelaufliegers gerät, rechtfertigt im Rahmen der vorzunehmenden Haftungsabwägung das Zurücktreten der allein einzustellenden Betriebsgefahr und führt zur Verneinung jeglicher Haftung (OLG Hamm NZV 2015, 537 = zfs 2016, 17 m. Anm. Diehl).
4. Ersatz von Sachschäden (§ 249 BGB)
a) Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert
Zu diesem Komplex hat der BGH (NJW 2015, 2958 = NZV 2015, 591 = DAR 2015, 634 = zfs 2016, 23 = VRR 11/2015, 6 [Nugel]) seine ständige Rechtsprechung bekräftigt. In Abweichung von dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann Ersatz des Reparatu...