Die Gewährleistungsansprüche setzen weiter einen reiserechtlichen Fehler oder das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft voraus.
a) Reiserechtlicher Fehler
Ein Fehler ist die (in der Regel negative) Abweichung der Soll-Beschaffenheit der Reise von der Ist-Beschaffenheit. Mit der Frage konfrontiert, ob der Mandant einen Anspruch gegen den Reiseveranstalter hat, muss zunächst geklärt werden, was der Reiseveranstalter als vertragliches Leistungsprogramm zugesagt hat. Wichtigste Informationsquelle ist hier der Reisekatalog oder die der Buchung zugrunde liegende Website. Die Bearbeitung des Mandats ohne Kenntnis dieser Angaben des Reiseveranstalters ist also kaum möglich.
Hinweis:
Besonderes Augenmerk sollte darauf gelegt werden, welche Beschreibung zur Grundlage einer Klage gemacht wird.
Immer wieder fällt in der Praxis auf, dass der Mandant Informationen über ein Hotel oder ein Zielgebiet im Internet recherchiert hat, die nicht von dem Reiseveranstalter stammen, bei dem die Reise letztendlich gebucht wird. Hier kann es zu Diskrepanzen kommen, da jeder Reiseveranstalter eigene Verträge mit den Leistungsträgern (z.B. den Hotels) abschließt, die einen unterschiedlichen Leistungsumfang haben. Soweit in einem solchen Fall der Reisevermittler nicht dem Irrtum Vorschub leistet oder ihn gar verursacht (das Reisebüro als Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters bezieht sich bewusst auf falsche Informationen), fehlt es an einer Abweichung zwischen Ist- und Soll-Beschaffenheit.
Zu den Prospektangaben gibt es reichhaltige Rechtsprechung, die sicherstellt, dass Prospekte wahr und klar sind. Kommt es auf eine konkrete Aussage an, sollte diese durch einen Blick in die Rechtsprechung überprüft werden. Oftmals taucht dieses Problem auf, wenn sich der Reiseveranstalter auf seine Angaben bezieht, um Mängelansprüche abzulehnen. Hat etwa der Veranstalter auf Baulärm oder andere störende Umstände bereits im Prospekt oder auf seiner Website hingewiesen, fehlt es an einem Fehler. Werbeaussagen ohne tatsächlichen Kern beschreiben nicht die Soll-Beschaffenheit der Reise.
Grundlage der Soll-Beschaffenheit ist weiter die nach § 6 BGB-InfoV erforderliche Reisebestätigung. Diese fixiert gleichsam den Inhalt des Vertrags. Tatsächlich kommt es immer wieder vor, dass es zu Ungereimtheiten kommt, weil die Abweichung zwischen Buchungsanfrage und Reisebestätigung nicht durch eine Kontrolle der Unterlagen auffällt.
Sonderwünsche des Reisenden sind nur dann Grundlage der Soll-Beschaffenheit, wenn sie durch den Veranstalter (oder den als Erfüllungsgehilfen handelnden Reisemittler) bestätigt werden (BGH BGHZ 59, 158). Die Erklärung des Veranstalters kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen.
Auch der Preis der Reise bestimmt die Soll-Beschaffenheit: Ein Frühstück in einem 5-Sterne-Hotel sollte anders bestückt sein als eines in einer Pension ohne Klassifizierung. Gleiches gilt für die Typik der Reise: Eine Studienreise erfordert einen anderen Reiseleiter als eine Partyreise.
Auch die örtlichen Gegebenheiten beeinflussen das vertragliche Pflichtenprogramm des Reiseveranstalters: Was in einer Destination üblich ist, muss auch der Reisende hinnehmen. Wenn also in Spanien die Müllabfuhr nachts die Tonnen leert, dann liegt hierin noch kein Mangel. Wenn während des Ramadan in arabischen Ländern tagsüber im Freien keine Getränke oder Mahlzeiten ausgegeben werden, dann liegt hierin kein Mangel. Aber: Den Veranstalter treffen umfangreiche Informationspflichten, die es dem Reisenden ermöglichen sollen, sich ein Bild über die Leistungen vor Ort zu machen. Der Reiseveranstalter muss also den Reisenden über den Zeitpunkt des Ramadan und die sich hieraus konkret ergebenden Beeinträchtigungen informieren.
Hinweis:
Oftmals muss also auch zur Vorbereitung der Klage geprüft werden, ob Informationen gegeben werden mussten und ob sie, wenn eine Informationspflicht bestand, hinreichend erteilt wurden.
Erforderlich ist schließlich, dass sich der Fehler negativ auf den Urlaub auswirkt. Es muss also zu einer Beeinträchtigung gekommen sein. Die bloße Abweichung etwa der Klassifizierung eines Hotels reicht also noch nicht. Es müssen die konkreten Unterschiede im Service-Angebot dargestellt werden. Für die Beeinträchtigung ist auf den Erwartungshorizont eines durchschnittlichen Reisenden und einen objektiven Maßstab abzustellen. Subjektive Erwartungen oder Sondervorstellungen sind nur dann von Belang, wenn sie dem Veranstalter bekannt sind oder in einen vereinbarten Sonderwunsch überführt wurden (BGH RRa 2013, 218).
Hinweis:
Gerade an dieser Stelle wird der Anwalt im Rahmen der Vorbesprechungen auch manche Erwartungen korrigieren müssen.
Auf ein Verschulden des Reiseveranstalters kommt es nicht an. Begrenzt wird die Verantwortlichkeit des Reiseveranstalters nur durch Umstände, die aus der Risikosphäre des Reisenden kommen, wie etwa das allgemeine Lebens- und Unfallrisiko, aber auch das Umfeldrisiko (Führich, Handbuch des Reiserechts, § 7 Rn 120), also die allgemeinen Gegebenheiten in einer Destination. Auch nur...