Durch die Minderung wird das gestörte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung hergestellt. Sie gibt dem Reisenden einen Zahlungsanspruch gegen den Veranstalter. Gemindert wird der Reisepreis für die Dauer eines Mangels, beginnend ab der Anzeige des Mangels (oder dem Auftreten des Mangels, wenn die Anzeige entbehrlich ist) bis zu einer wirksamen Abhilfe, einem Ende des Mangels oder dem Urlaubsende.
Wichtig ist bei der Berechnung also zunächst die Grundlage zu ermitteln. Die in der Regel in einem Prozentbetrag ausgesprochene Minderung wird ausgehend vom Tagesreisepreis berechnet. Der Gesamtreisepreis, ohne Versicherungsprämien, zusätzliche gebuchte Nebenleistungen oder Sonderleistungen wird durch die Anzahl der Reisetage geteilt. Der so ermittelte Tagesreisepreis dient dann als Ausgangsgrundlage. Die in § 651d Abs. 1 BGB erwähnte werkvertragliche Berechnungsformel erfordert eine verhältnismäßige Herabsetzung. Der prozentuale Minderwert wird dann in der Regel durch Schätzung ermittelt. Wesentliche Grundlagen sind die Schwere des Mangels, der Nutzen der Reise und seine Beeinträchtigung (Führich, Handbuch des Reiserechts, § 8 Rn 27). Ausschlaggebend sind objektive Kriterien; subjektive Empfindsamkeiten spielen dabei keine Rolle (OLG Frankfurt RRa 2003, 255).
Hinweis:
Als Maßstab für die Bewertung des Mangels empfehlen sich die Kemptener Tabelle, die Frankfurter Tabelle oder auch die vom ADAC erstellte Tabelle der Reisemängel. Eine schematische Übernahme der dort aufgefundenen Prozente sollte unterbleiben.
Die Klageschrift sollte neben einer Berechnung des Tagesreisepreises vor allem die Darlegung des Mangels und seiner Auswirkungen enthalten. Der Hinweis auf eine Baustelle und die Minderungssätze in Tabellen helfen wenig; darzustellen ist die Dauer der Arbeiten, die Art der Arbeiten (Malerarbeiten sind weniger störend als Abbrucharbeiten), die Entfernung des Zimmers von der Baustelle, die Betroffenheit des Gastes auch an den allgemeinen Einrichtungen des Hotels (Baustelle z.B. in unmittelbarer Pool-Nähe oder am Strand während eines Badeurlaubs) und die Dauer der Beeinträchtigung. Auch über die unmittelbare Dauer hinaus kann der Reisepreis gemindert werden, wenn sich der Mangel noch auswirkt. Der Reisende, der wegen eines baulichen Mangels eine Verletzung erleidet und während des restlichen Badeurlaubs einen Gips trägt und daher den Pool oder Strand nur eingeschränkt nutzen kann, kann auch für diese Tage den Reisepreis mindern. Es bedarf nur des konkreten Vortrags, welche Einschränkung vorliegt. Je nach Schwere der Einschränkungen kann die Minderung des Reisepreises auch 100 % betragen und zurückwirken, wenn der Reisemangel von erheblicher Schwere ist und den Erholungswert entfallen lässt. Dies gilt etwa bei einem Beinahe-Absturz auf dem Heimflug (BGH NJW 2008, 2775), bei einem Unfall auf einer Rundreise, der zum Reiseabbruch führt, bei einem Reitunfall mit Todesfolge (BGH NJW 2000, 1188, 1191).
Hinweis:
Auch nur mittelbar Betroffene können eine Reisepreisminderung geltend machen, wenn sie als Familienangehörige und Gruppenmitglieder durch den Mangel negativ betroffen werden.
Die Eltern, die wegen einer fehlenden Kinderbetreuung im Hotel mehr an eigener Betreuung leisten müssen, können Minderungsansprüche geltend machen (LG Köln MDR 1991, 839); Gleiches gilt für die Beeinträchtigungen des Urlaubs der Ehefrau wegen einer Verletzung des Ehemannes im Hotelschwimmbad (AG Duisburg RRa 2006, 115). Entscheidend ist, dass der Urlaub des Mitreisenden beeinträchtigt ist. Bei fremden Dritten, die nur den Mangel erleben, kann von einer solchen Beeinträchtigung nicht ausgegangen werden.
Die Minderung tritt erst ein, wenn der Reisende den Mangel anzeigt, § 651d Abs. 2 BGB. In der Beratungspraxis des Reisenden ist also immer zu fragen, ob, wann und gegenüber wem der Mangel angezeigt wurde. Fehlt ein solches Protokoll, sollte zunächst geprüft werden, ob der Reisende hinreichend belehrt wurde. § 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB-InfoV erfordert, dass der Reisende über die Obliegenheit der Mängelanzeige in der Reisebestätigung selbst oder in einem ihm ausgehändigten Prospekt unterrichtet wird. Ein pauschaler Hinweis auf die Geltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen reicht nicht. Fehlt es an einem solchen Hinweis, unterlässt der Reisende die Anzeige nicht schuldhaft. Andere Fälle, in denen eine unterlassene Anzeige nicht zum Ausschluss von Minderungsansprüchen führt, sind das Fehlen oder die fehlende Erreichbarkeit der Reiseleitung (LG Frankfurt RRa 2008, 27; LG Köln NJW-RR 1989, 565) und Krankheit oder Krankenhausaufenthalt (Führich, Handbuch des Reiserechts, § 8 Rn 18).
Hinweis:
Die Anzeige kann ebenfalls unterbleiben, wenn der Mangel nicht beseitigt werden kann; in diesen Fällen verfehlt die Anzeige – dem Veranstalter die Möglichkeit der Abhilfe einzuräumen – von vornherein ihr Ziel. Dies gilt etwa bei einem Ausfall eines Konzertes bei einer Kulturreise (LG Hannover RRa 2010, 29, 30) oder wenn aus tatsächlichen Gründen eine Abhilfe ni...