Hinweis:
Eine Rechtsprechungsübersicht zum Verkehrsverwaltungsrecht gibt Kalus (DAR 2017, 61).
a) Alkohol
Zu diesem Bereich sind im Berichtszeitraum lediglich Entscheidungen zu Verfahrensfragen veröffentlicht worden (s. nachfolgend unter d).
b) Drogen
aa) Cannabis
Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV ist ungeeignet zum Führen von Kfz, wer bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis den Konsum und das Fahren nicht trennen kann. Dies ist anzunehmen, wenn der Fahrzeugführer fährt, obwohl angesichts des bei ihm festgestellten THC-Werts eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist. Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (VGH München zfs 2016, 595). Auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 kann weiterhin ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml im Blutserum von fehlendem Trennungsvermögen zwischen gelegentlichem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kfz ausgegangen werden (VGH München NJW 2016, 2601 = NZV 2016, 543 = DAR 2016, 666 m. Anm. Koehl = zfs 2016, 534; VGH Mannheim DAR 2016, 665; OVG Lüneburg zfs 2017, 179 [Ls.]). Zwar kann aus einem in einer Blutprobe festgestellten THC-Wert im Wege der Rückrechnung nicht mit jener Genauigkeit wie beim Alkohol ermittelt werden, wie hoch der Spiegel zu einem bestimmten, vor der Blutentnahme liegenden Zeitpunkt war. Eine THC-Konzentration im Blutserum von 2,0 ng/ml kann aber nicht auf einen einmaligen Konsum 17,5 Stunden vor der Blutentnahme zurückzuführen sein (OVG Bremen NZV 2016, 495 = zfs 2016, 598; ebenso VG Gelsenkirchen DAR 2017, 104 bei 9,8 ng/ml).
Hinweis:
Zum gelegentlichen Cannabiskonsum und seinen Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis eingehend s. Koehl (DAR 2017, 66). Die Fahrsicherheitsforschung beim Radfahren unter Cannabiseinfluss beschreiben Maatz/Daldrup et al. (NZV 2016, 460).
bb) Amphetamin
Wird anlässlich der polizeilichen Durchsuchung einer Wohnung, die der Betroffene allein bewohnt, u.a. eine zum unmittelbaren Konsum vorbereitete portionierte Linie aus Amphetaminpulver mit daneben liegendem Röhrchen aufgefunden und erklärt der Betroffene anschließend hierzu gegenüber der Polizei, er sei Gelegenheitskonsument, so steht ein die Fahreignung ausschließender Konsum von Amphetamin fest. Dass der Betroffene einige Zeit später einen eigenen Konsum pauschal bestreitet, ändert daran nichts (VGH Mannheim VRS 131, 32).
c) Auswirkungen des Punktesystems
Die Fahrerlaubnisbehörde hat im Zusammenhang mit Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 S. 1 StVG nur diejenigen Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr bzw. die darauf beruhenden Punkte zu berücksichtigen, die ihr durch das Kraftfahrtbundesamt übermittelt worden sind. Informationen, die der betroffene Fahrerlaubnisinhaber oder andere Privatpersonen der Fahrerlaubnisbehörde vermitteln, stehen den Mitteilungen des Kraftfahrtbundesamtes nicht gleich (OVG Münster DAR 2017, 99; zu weiteren Entscheidungen zum Punktesysteme bei Erteilung oder Entziehung der Fahrerlaubnis s. VGH München NJW 2016, 3737; OVG Berlin-Brandenburg zfs 2017, 55 = NZV 2017, 103 [Gail]; OVG Lüneburg NZV 2017, 104 [Voigt]).
d) Verfahrensfragen
aa) Bindung an strafgerichtliche Entscheidungen
Der Grundsatz, dass ein Kraftfahrer im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren den in rechtskräftigen Strafurteilen festgestellten Sachverhalt gegen sich gelten lassen muss, wenn sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen ergeben, bedeutet nicht die Anerkennung einer zuungunsten des Verurteilten bestehenden Feststellungswirkung solcher Strafurteile, sondern betrifft die Beweiswürdigung. Ist die uneingeschränkte Berufung des angeklagten Kraftfahrers gegen ein Strafurteil rechtskräftig durch Sachurteil als unbegründet verworfen worden, so sind für die Anwendung des vorgenannten Grundsatzes die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils maßgeblich (OVG Lüneburg DAR 2017, 159 = NZV 2017, 149 [Ternig]). Die Fahrerlaubnisbehörde ist mit Blick auf die Bindungswirkung des § 3 Abs. 4 StVG nicht gehindert, gem. § 13 S. 1 Nr. 2b FeV die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn in den Gründen des Strafurteils allein ausgeführt ist, das Gericht habe nicht positiv feststellen können, dass der Angeklagte zum Führen von Kfz noch ungeeignet ist (OVG Lüneburg DAR 2016, 602 = zfs 2016, 537). § 3 Abs. 4 S. 1 StVG ist nicht anwendbar, wenn die Straftat (z.B. Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 StGB) auf einem Fahrrad begangen wurde. Ein Strafverfahren i.S.v. § 3 Abs. 3 und 4 StVG muss gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gerichtet sein. Nur dann kommt eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht (vgl. § 3 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 StVG). § 69 Abs. 1 S. 1 StGB setzt eine rechtswidrige Tat voraus, die bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kfz oder unter Verletzung der Pflichten eines Kfz-Führers begangen wurde (OVG Berlin-Brandenburg NJW 2016, 3385 = zfs 2016, 597). Eine im Ausland begang...