Über die aktuelle Rechtsprechung des BSG zum Wegeunfall haben wir vor einiger Zeit informiert (s. Sartorius/Pattar F. 18, S. 1365 ff., 1376 f.). Vom Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch Arbeitsunfälle beim Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der versicherten Tätigkeit umfasst. Unterbrechen Versicherte den unmittelbaren Weg von oder zu dem Ort der Tätigkeit zur Erledigung von in eigenwirtschaftlichem Interesse stehenden Verrichtungen, genießen sie wegen dieser Unterbrechungen keinen Versicherungsschutz. Dieser lebt jedoch wieder auf bei Wiederaufnahme des Wegs von oder zu dem Ort der Tätigkeit. In zwei Entscheidungen vom 31.8.2017 hat das BSG diese Rechtsprechung bestätigt.
a) Unterbrechung des Heimwegs wegen Lebensmitteleinkaufs
Der Entscheidung (BSG, Urt. v. 31.8.2017 – B 2 U 1/16 R, NJW 2018, 1203) lag als Sachverhalt zugrunde, dass der Kläger mit seinem Pkw auf dem Weg zur Arbeit fuhr, dann sein Fahrzeug gegenüber einer Bäckerei auf der rechten Straßenseite parkte, um sich in dieser Bäckerei auf der anderen Straßenseite "Semmeln für eine Brotzeit" zu kaufen. Hierbei überquerte er die Straße. Als er vor der Bäckerei eine lange Schlange sah, kehrte er um, stolperte hierbei, verlor das Gleichgewicht und fiel kurz vor seinem Wagen auf die linke Schulter, wobei er ein Trauma erlitt. Die beklagte BG lehnte es ab, einen Arbeitsunfall zu entschädigen. Das LSG hat das klageabweisende Urteil des SG aufgehoben und festgestellt, der Unfall des Klägers sei ein Arbeitsunfall. Die Unterbrechung des unmittelbaren Wegs zu seiner Arbeitsstätte habe der Kläger durch das Umdrehen auf dem Fußweg in Richtung auf seine Arbeitsstätte beendet, weil er nunmehr wieder in Richtung auf diese Arbeitsstätte und zu seinem Fahrzeug unterwegs gewesen sei.
Dem folgte das BSG nicht und verweist darauf, dass bei abgrenzbaren Unterscheidungen, wie im vorliegenden Fall, es als weiteres objektives Kriterium zur Wiederbegründung des Versicherungsschutzes einer das Ende der Unterbrechung nach natürlicher Betrachtungsweise markierenden Handlung bedarf. Bei einer privaten Besorgung während eines mit dem Pkw zurückgelegten Wegs bestehe diese regelmäßig in der Fortsetzung der Autofahrt. Diese habe der Kläger zum Zeitpunkt des Unfallereignisses noch nicht wieder aufgenommen.
In einem weiteren Verfahren (Urt. v. 31.8.2017 – B 2 U 11/16 R, NJW 2018, 1200) entschied das BSG über Ansprüche einer Klägerin, die mit ihrem Pkw von ihrer Arbeitsstelle nach Hause fuhr. Sie hatte wegen der winterlichen Witterungsverhältnisse in der Mittagspause darauf verzichtet, ein Essen zu sich zu nehmen und trat die Heimfahrt mit einem deutlichen Hungergefühl an. Während der Fahrt hielt sie an einer am rechten Fahrbahnrand gelegenen Metzgerei an, kaufte dort eine Mahlzeit ein und begab sich wieder zu ihrem Fahrzeug. Auf dem Bürgersteig stehend öffnete sie die Beifahrertür und stellte die Nahrungsmittel auf dem Beifahrersitz ab. Auf dem Weg um das Heck ihres Fahrzeugs herum, um die Fahrertür zu erreichen und dann mit dem Fahrzeug die Fahrt nach Hause fortzusetzen, stürzte sie und erlitt u.a. einen Bruch der rechten Hand sowie des rechten Oberschenkels. Die Klage blieb erfolglos.
Auch hier stellt das BSG darauf ab, dass die Unterbrechung des Wegs von dem Ort der versicherten Tätigkeit nach Hause mit dem Parken des Fahrzeugs am Straßenrand erfolgt und zum Zeitpunkt des Unfallereignisses noch nicht beendet war. Der während der Unterbrechung erfolgte Essenskauf stehe nicht im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, da der Kauf von Nahrungsmitteln, ebenso wie die Nahrungsaufnahme selbst, eine unversicherte, eigenwirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Unerheblich sei insofern, dass die Versicherte während ihrer vorhergehenden Beschäftigung hungrig geworden sei und das Verlangen gehabt habe, nach der Arbeit sogleich eine Mahlzeit zu sich zu nehmen.
b) Verlassen der Wohnung durch ein Fenster
Der Kläger der hier darzustellenden Entscheidung ist als Unternehmer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gesetzlich unfallversichert. Er wohnt in einer Dachgeschosswohnung in einem zweieinhalbstöckigen Mehrfamilienhaus. Das Erdgeschoss ist größer als die darüber liegenden Geschosse und springt zu einem Stichweg hin vor. Dieser Vorsprung hat ein Flachdach, das etwa 2,60 m über dem Niveau des Stichweges liegt. Etwa 2,60 m oberhalb des Flachdachs liegt die Dachgeschosswohnung des Klägers.
Am Unfalltag war der Kläger an seiner Betriebsstätte geschäftlich verabredet, konnte aber die verriegelte Wohnungstür von innen nicht aufschließen, als er zu seinem Geschäftstermin gelangen wollte, da ihm der Haustürschlüssel abbrach. Da er die Hausaußentür über das Treppenhaus nicht erreichen konnte und um den Geschäftstermin einzuhalten, verließ er – bereits in Arbeitsmontur – die Dachgeschosswohnung über ein Fenster, um sich auf das Flachdach vor der Obergeschosswohnung herabzulassen. Von dort wollte er auf den Stichweg gelangen. Er stürzte jedoch bereits bei dem Versuch, auf das Fl...