Die Klägerin hatte mit der ehemaligen Arbeitgeberin wegen einer angedrohten Betriebsstilllegung einen Lohnverzicht vereinbart (Herabsetzung des Jahresentgelts von ca. 39.000 EUR auf ca. 24.000 EUR). Die Arbeitgeberin verzichtete auf betriebsbedingte Kündigungen (eine Betriebsstilllegung blieb möglich) und erklärte, einen Teil des Entgelts, auf das verzichtet wurde, für den Fall nachzuzahlen, dass es trotz des Verzichts zu einer Betriebsstilllegung kommen sollte. Mit dem Hinweis darauf, der Betrieb müsse doch geschlossen werden, kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 30.6.2012 und zahlte der Klägerin im Juni 2012 neben dem Regelentgelt den vereinbarten Nachzahlungsbetrag, insgesamt knapp 35.000 EUR. Bei der Bemessung des Arbeitslosengeldanspruchs der Klägerin legte die Agentur für Arbeit nur das im Bemessungszeitraum (vgl. § 150 Abs. 1 SGB III) gezahlte Regelentgelt, nicht jedoch die weitere im Juni 2012 geleistete Zahlung zugrunde. Die Klage auf Zahlung von Arbeitsentgelt nach einem Bemessungsentgelt von knapp 35.000 EUR hatte in allen Instanzen Erfolg (BSG, Urt. v. 24.8.2017 – B 11 AL 16/16 R).
Das Arbeitslosengeld bestimmt sich nach § 149 SGB III als ein allgemeiner oder erhöhter Leistungssatz des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem von den Arbeitslosen im Bemessungszeitraum erzielten Bruttoentgelt ergibt (Bemessungsentgelt).
Gemäß § 151 Abs. 1 S. 1 SGB III ist Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die Arbeitslosen im Bemessungszeitraum erzielt haben. Der Bemessungszeitraum umfasste vorliegend die Zeit vom 1.7.2011 bis zum 30.6.2012 (§ 150 Abs. 1 SGB III). Die Klägerin hat vorliegend in dem vorgenannten Bemessungszeitraum knapp 35.000 EUR erhalten. Aus diesem ist das Bemessungsentgelt zu bestimmen.
§ 151 Abs. 2 Nr. 1 SGB III steht dem nicht entgegen, wenn dort Arbeitsentgelte außer Betracht bleiben, die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind. Das Arbeitsentgelt wurde im Sinne der im Sozialrecht maßgeblichen Theorie der wesentlichen Bedingung nicht "wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses", sondern wegen Erfolglosigkeit des vereinbarten Lohnverzichts gezahlt.
Diesem Ergebnis steht das Urteil des BSG vom 11.6.2015 (B 11 AL 13/14 R) nicht entgegen. In jenem Fall war zur Sanierung und Arbeitsplatzsicherung ein Verzicht auf Arbeitsentgelt mit der Maßgabe vereinbart worden, im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers lebe der Entgeltanspruch wieder auf. Das fragliche Entgelt war den Arbeitnehmern, als die Insolvenz trotz des Verzichts eintrat, gerade nicht zugeflossen. Im vorliegenden Fall ging es hingegen um die Berücksichtigung von rechtzeitig abgerechnetem und tatsächlich zugeflossenem Arbeitsentgelt, auf das demnach gem. § 151 Abs. 1 S. 1 SGB III abzustellen war.