Der Kläger der hier darzustellenden Entscheidung ist als Unternehmer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gesetzlich unfallversichert. Er wohnt in einer Dachgeschosswohnung in einem zweieinhalbstöckigen Mehrfamilienhaus. Das Erdgeschoss ist größer als die darüber liegenden Geschosse und springt zu einem Stichweg hin vor. Dieser Vorsprung hat ein Flachdach, das etwa 2,60 m über dem Niveau des Stichweges liegt. Etwa 2,60 m oberhalb des Flachdachs liegt die Dachgeschosswohnung des Klägers.
Am Unfalltag war der Kläger an seiner Betriebsstätte geschäftlich verabredet, konnte aber die verriegelte Wohnungstür von innen nicht aufschließen, als er zu seinem Geschäftstermin gelangen wollte, da ihm der Haustürschlüssel abbrach. Da er die Hausaußentür über das Treppenhaus nicht erreichen konnte und um den Geschäftstermin einzuhalten, verließ er – bereits in Arbeitsmontur – die Dachgeschosswohnung über ein Fenster, um sich auf das Flachdach vor der Obergeschosswohnung herabzulassen. Von dort wollte er auf den Stichweg gelangen. Er stürzte jedoch bereits bei dem Versuch, auf das Flachdach zu gelangen, fiel auf das Flachdach und verletzte sich. Die Revision des Klägers war beim BSG erfolgreich (Urt. v. 31.8.2017 – B 2 U 2/16 R, NJW 2018, 1198). Das Gericht bejaht die Voraussetzungen eines Wegeunfalls nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII.
Grundsätzlich besteht zwar nach ständiger Rechtsprechung des BSG Versicherungsschutz beim Zurücklegen des direkten Wegs nach dem Ort der Tätigkeit erst nach dem vollständigen Durchschreiten der Außenhaustür der Wohnung. Ist jedoch die Außenhaustür – wie hier – nicht erreichbar, kann ausnahmsweise auch das Hinaussteigen aus einem Fenster direkter und damit unmittelbarer Weg zum Ort der versicherten Tätigkeit sein. Das Fenster ist dann die mit der Außenhaustür vergleichbare Grenze zwischen dem unversicherten häuslichen und dem versicherten öffentlichen Bereich. Unerheblich ist, dass der Kläger zwischen Dach- und Obergeschosswohnung keinen "öffentlichen Verkehrsraum" benutzte. Nur wenn der gewählte Weg bei objektiver Betrachtungsweise schlechthin ungeeignet gewesen wäre, den Ort der Tätigkeit zu erreichen, könnte er nicht mehr als unmittelbarer Weg qualifiziert werden. Bei den gegebenen Umständen war davon nicht auszugehen. Der Kläger legte damit objektiv einen Weg zurück, der unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung steht. Auch subjektiv war sein Handeln zur Fortbewegung darauf gerichtet, zur versicherten Tätigkeit zu gelangen.