Dürfen computergestützte Systeme künftig Rechtsdienstleistungen erbringen und muss der Gesetzgeber dies besonders im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) regeln? Während diese Fragen unter dem Stichwort "Legal Tech" bislang eher nur technisch interessierte Juristen auf Fachtagungen und Kongressen beschäftigt haben, erreichen sie nun auch die politischen Entscheidungsgremien. In einem für die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) erstellten Diskussionspapier kommt ein IT-Rechtler zu dem Ergebnis, dass "automatisierte Rechtsdienstleistungen" einer Registrierungspflicht unterworfen werden sollten. Die FDP-Fraktion in Berlin sieht dies ähnlich; sie hat im April einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Rechtsdienstleistungsgesetzes (BT-Drucks 19/9527) im Bundestag eingereicht, weil ihrer Meinung nach die Thematik nicht gerichtlichen Einzelfallentscheidungen überlassen werden sollte.
Ebenso wie die BRAK, die eine Öffnung des RDG kürzlich in einer Presseerklärung mangels Regulierungsbedarfs für Legal Tech ablehnte, sprach sich bereits der Deutsche Anwaltverein (DAV) hiergegen aus: In einer Pressemitteilung ließ der Verein verlauten, dass er keinen zusätzlichen Regulierungsbedarf für Legal-Tech-Angebote im RDG sehe. Durch das RDG werde die Rechtsberatung – abgesehen von den in diesem Gesetz genannten Ausnahmen – Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten vorbehalten. Hierdurch solle der Verbraucher, der regelmäßig weder die Qualifikation eines selbsternannten Rechtsberaters noch die Qualität von dessen Leistung richtig einschätzen könne, vor fehlerhafter Rechtsberatung geschützt werden. Dieses Schutzbedürfnis bestehe aber in gleicher Weise, sofern die Rechtsdienstleistung teilweise oder vollständig automatisiert erbracht werde. Das Verbot nichtanwaltlicher Rechtberatung gelte daher zu Recht auch dann, wenn die Rechtsdienstleistung unter Einsatz von digitalen Systemen erfolge.
Der DAV erkennt zwar an, dass innovative Legal-Tech-Lösungen zu einer Reduzierung der Kosten der Rechtsverfolgung führen können. Das liege gerade bei Minimalforderungen durchaus auch im Interesse des Verbrauchers. Dieser Kostenvorteil komme aber auch dann zum Tragen, wenn entsprechende digitale Hilfsmittel von Anwältinnen und Anwälten eingesetzt würden. Der Verein steht daher dem Einsatz von Legal Tech einerseits positiv gegenüber, meint aber auch, dass aus Gründen des Verbraucherschutzes automatisierte Rechtsdienstleistungen ausschließlich durch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte erbracht werden dürften. Denn nur sie unterlägen einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht, nur sie müssten unabhängig von Fremdinteressen beraten und nur ihnen sei es verboten, zugleich den künftigen Prozessgegner zu beraten. Von daher widersprechen BRAK und DAV allen Bestrebungen zu einer Regulierung von gewerblichen Legal-Tech-Unternehmen.
[Quellen: Bundestag/BRAK/DAV]