Als Reaktion auf die Corona-Krise hat der Gesetzgeber im Schnellverfahren das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 beschlossen (BGBl I, S. 569). Es bringt zeitlich befristete Änderungen des Insolvenzrechts, des Unternehmensrechts, des Strafprozessrechts und des Vertragsrechts mit sich.
Modifikationen der allgemeinen BGB-Regelungen (s. hierzu Bacher, MDR 2020, 514 ff.; Weller/Lieberknecht/Habrich, NJW 2020, 1017 ff.) finden sich in Art. 240 EGBGB. Die Krise betrifft als systemische Krise anders als die letzte Finanzkrise nicht nur die Wirtschaft, sondern die gesamte Gesellschaft, erfasst somit Unternehmer und Verbraucher gleichermaßen. Diverse Betriebe sind derzeit stillgelegt, den Unternehmern fehlen daher die Einnahmen. Viele laufen Gefahr, ihre Verbindlichkeiten in naher Zukunft nicht mehr begleichen zu können. Das Paket sieht in Art. 240 § 1 EGBGB ein Leistungsverweigerungsrecht für Verbraucher und Kleinunternehmer vor. Leistungen, die aus einem wesentlichen Dauerschuldverhältnis herrühren, können verweigert werden, wenn die Leistungsunfähigkeit auf das Virus zurückzuführen ist. Die Regelung gilt zunächst bis zum 30.6.2020, eine Abweichung zum Nachteil des Schuldners ist nicht möglich. Sie gilt nicht für Miete, Pacht und Darlehen, für die besondere Regelungen getroffen worden sind. Bei dem Leistungsverweigerungsrecht handelt es sich i.Ü. um eine rechtshemmende Einrede: Mit Ablauf der Frist ist der Schuldner zur Zahlung der Altverbindlichkeiten wieder verpflichtet (zu Einzelheiten Bangen/Markworth, AnwBl Online 2020, 360 ff.; Scholl, WM 2020, 765 ff.).
Art. 240 § 2 EGBGB erschwert außerdem die Kündigung des Miet- oder Pachtverhältnisses durch den Vermieter oder Verpächter bei Zahlungsrückständen. Wird die Miete oder Pacht für den Zeitraum vom 1.4. bis (vorerst) zum 30.6.2020 trotz Fälligkeit nicht gezahlt, so kann der Vermieter nicht allein aus diesem Grund kündigen, wenn die Nichtleistung Folge der Pandemie ist. Diese Regelung ist bis zum 30.6.2022 anzuwenden: Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Zahlung der Miete also nachgeholt werden, ohne dass der Mieter kündigungsrechtliche Folgen zu befürchten hat. Der Kündigungsrechtsausschluss darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dem Mieter kein generelles Leistungsverweigerungsrecht zugutekommt. Er bleibt nämlich weiterhin zur Zahlung verpflichtet und gerät bei Nichtzahlung regelmäßig nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug (zu Einzelheiten s. Börstinghaus, ZAP 2020, 411 ff./F. 4, S. 1883 ff.; Artz/Brinkmann/Pielsticker, MDR 2020, 527 ff.; speziell zu Gewerbemietraumverhältnissen Krepold, WM 2020, 726 ff.).
Eine Sonderregelung für vor dem 15.3.2020 abgeschlossene Verbraucherdarlehensverträge findet sich in Art. 240 § 3 EGBGB. Verbraucher werden vor einer Kündigung geschützt, indem die in den Zeiten der Krise fälligen Darlehensforderungen kraft Gesetzes zunächst für drei Monate gestundet werden, wenn sie aufgrund der durch Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einnahmeausfälle haben, die dazu führen, dass ihnen die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist (zu Einzelheiten, auch zu der Frage, ob der Verbraucher das Darlehen während der Stundung verzinsen muss, Scholl, WM 2020, 765, 769 ff.; Lühmann, NJW 2020, 1321 ff.). Den Darlehensnehmern soll so die notwendige Zeit verschafft werden, Hilfsangebote wahrzunehmen und Unterstützungsmaßnahmen zu beantragen, deren rechtzeitige Prüfung und Gewährung nicht in ihrem Einflussbereich liegt. Kommt eine einvernehmliche Regelung für den Zeitraum nach dem 30.6.2020 nicht zustande, verlängert sich die Vertragslaufzeit um drei Monate; die Fälligkeit der vertraglichen Leistungen wird um diese Frist hinausgeschoben.
Das Gesetzespaket enthält in Art. 1, mit dem das sog. COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) geschaffen wurde, zum 1.3.2020 rückwirkende Änderungen des Insolvenzrechts. So ist die Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO und nach § 42 Abs. 2 BGB zunächst bis zum 30.9.2020 ausgesetzt. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Insolvenz auf der COVID-19-Pandemie beruht. War ein Schuldner am 31.12.2019 noch nicht zahlungsunfähig, wird indes vermutet, dass die Zahlungsunfähigkeit mit dem Virus in Zusammenhang steht. Modifikationen finden sich in § 2 Abs. 1 Nr. 1 COVInsAG auch für die Haftung nach § 64 GmbHG: Durch eine gesetzliche Fiktion müssen Geschäftsführer nicht befürchten, im Falle einer Insolvenz in persönliche Haftung genommen zu werden, wenn sie Zahlungen vornehmen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insb. solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen (zu diesen Änderungen und ihren Folgen Knauth/Krafczyk, WM 2020, 677 ff.; Römermann, NJW 2020, 1108 ff.; Thole, ZIP 2020, 650 ff.).
Weitere Änderungen wurden auch für das Unternehmensrecht beschlossen; sie finden sich in Art. 2 des...