Am 22.4.2020 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht (BR-Drucks 196/20) beschlossen. Er soll v.a. eine signifikante Senkung der Inkassogebühren mit sich bringen. So soll die Geschäftsgebühr, die Inkassodienstleister und Rechtsanwälte für die Einziehung einer unbestrittenen Forderung im Regelfall geltend machen können, auf einen Satz von 0,5, wenn die Forderung auf ein erstes Mahnschreiben beglichen wird, anderenfalls auf einen Satz von 1,0 herabgesetzt werden; aktuell wird regelmäßig ein Gebührensatz von 1,3 bzw. 1,1 gefordert. Als Folge dieser Absenkung würden künftig in der Wertstufe von über 50 bis 500 EUR, die etwa 60 % aller Fälle ausmachen, nur noch 27 EUR (wenn die Forderung auf das erste Mahnschreiben beglichen wird) bzw. von 54 EUR verlangt werden können. Da bislang durchschnittlich 59,40 EUR gefordert werden, würde sich hieraus eine Entlastung von etwa 12,7 % ergeben. Für Kleinforderungen bis zu 50 EUR (hierunter fallen etwa 23 % aller Fälle) ist eine darüberhinausgehende Entlastung um 7,7 % vorgesehen. Insoweit könnten sogar nur 18 EUR (Forderungsausgleich nach ersten Mahnschreiben) bzw. 36 EUR verlangt werden. Zudem soll die Einigungsgebühr, die für den Abschluss von Zahlungsvereinbarungen geltend gemacht werden kann, im Bereich der untersten Wertstufe um etwa die Hälfte gesenkt werden. Gesetzlich ausgeschlossen werden soll zudem eine Kostendopplung durch eine im Laufe des vorgerichtlichen Verfahrens und des gerichtlichen Mahnverfahrens erfolgende Beauftragung von sowohl Inkassodienstleistern als auch Rechtsanwälten, wenn der Wechsel zum Rechtsanwalt nicht gerade auf dem Bestreiten der Forderung beruht. Außerdem soll die Erstattung der Vergütung von Inkassodienstleistern für die Vertretung im gerichtlichen Mahnverfahren nicht mehr auf einen Betrag von 25 EUR gedeckelt und so eine Ungleichbehandlung von Inkassodienstleistern und Rechtsanwälten abgeschafft werden.

Der Gesetzentwurf ist von einer recht einseitigen Sichtweise geprägt. Denn die Kostenreduzierungen treffen nicht nur die unseriösen Dienstleister der Branche, sondern auch solche Inkassounternehmen, die sich in redlicher Weise dem Forderungseinzug der säumigen Schuldner verschrieben haben, hart. Auch für Anwälte, die vergütungsrechtlich gleichbehandelt werden, obwohl sie deutlich weitergehende Berufspflichten zu beachten haben (wie das Verbot der Vereinbarung von Erfolgshonoraren und das Verbot der Prozessfinanzierung), bringt dies Härten mit sich.

Immerhin scheint sich – außerhalb des Bereichs des Forderungseinzugs – eine etwa zehnprozentige Erhöhung der Anwaltsvergütung abzuzeichnen. Dem Vernehmen nach haben sich die Bundesländer mit den Anwaltsorganisationen auf eine solche Anpassung ab dem Jahr 2021 – die letzte stammt aus dem Jahr 2013 – verständigt. Der Wunsch der Anwaltsverbände nach einer dynamischen, an die allgemeine Lohnentwicklung geknüpfte Anpassung der Anwaltsvergütung wird damit nicht Gesetz werden. Mit dem Anstieg der Anwaltsvergütung einhergehen soll allerdings eine parallele Erhöhung der Gerichtsgebühren nach dem Gerichtskostengesetz, dem Familiengerichtskostengesetz und dem Gerichts- und Notarkostengesetz. Dadurch sollen die Länder, die im Fall von Prozess- und Verfahrenskostenhilfe auch die Rechtsanwaltskosten zu tragen haben, einen finanziellen Ausgleich erhalten.

Zudem möchte der Gesetzentwurf zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht durch ein Mehr an Hinweispflichten größere Transparenz erreichen. Aufgeklärt werden sollen die Schuldner etwa über die Kosten, die bei Abschluss einer Zahlungsvereinbarung (Stichwort: Einigungsgebühr) anfallen würden, oder über die wesentlichen Rechtsfolgen des mit der Vereinbarung angestrebten Schuldanerkenntnisses. Während Inkassodienstleistern, die diese Informationspflichten verletzen, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren droht, wird für Anwälte die Berufspflicht des § 43d BRAO erweitert. Ein solcher Ansatz ist eigentlich systemwidrig, denn der Anwalt ist Interessenvertreter seines Mandanten (und nicht der Gegenpartei). Sachgerechter wäre es, derartige Hinweispflichten unmittelbar den Gläubigern aufzubürden.

Einen solchen Weg geht der Entwurf bei einer weiteren geplanten neuen Hinweispflicht. So soll durch eine Änderung des BGB ein Gläubiger, der Unternehmer ist, verpflichtet werden, gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, klar und verständlich in Textform darauf hinzuweisen, dass er im Verzugsfall zum Ersatz der Rechtsverfolgungskosten verpflichtet sein kann (§ 288 Abs. 4 BGB-E). Ein solcher Hinweis soll entweder rechtzeitig vor Eintritt des Verzugs oder unter Setzung einer angemessenen Frist zur Leistung erfolgen können. Ohne diesen Hinweis soll der Gläubiger Kosten, die ihm durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder Inkassodienstleisters entstehen, nicht als Verzugsschaden ersetzt verlangen können. Die anderen Folgen des Verzugs – wie die Zahlung von Verzugszinsen – soll dagegen unberührt blei...

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