Ein Gläubiger besitzt gegen eine Schuldnerin einen Titel und die Unverfrorenheit, aus diesem auch noch vollstrecken zu wollen.
Er beantragt also bei dem zuständigen Gerichtsvollzieher die Abnahme der Vermögensauskunft, den Erlass eines Haftbefehls, den Ausspruch von Zahlungsverboten und zusätzlich (wir erinnern uns, es gab eine Zwangsvollstreckungsreform) die Einholung von Auskünften Dritter gem. § 802 Abs. 1 ZPO, falls die in der Vermögensauskunft aufgeführten Gegenstände eine vollständige Befriedigung nicht erwarten ließen.
Die Schuldnerin gibt die Vermögensauskunft im Juni 2014 ab und es erfolgte eine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis. Mit einem an den Gläubiger gerichteten Schreiben vom 23.6.2014 lehnt der Gerichtsvollzieher die Einholung von Drittauskünften gem. § 802 Abs. 1 ZPO ab, weil die Angaben der Schuldnerin im Vermögensverzeichnis "schlüssig" seien.
Nun ist dem Gesetz bekanntlich nicht zu entnehmen, dass ein Gerichtsvollzieher, einem Richter gleich, Schlüssigkeitsprüfungen vorzunehmen hätte, geschweige denn solche im Hinblick auf abgegebene Auskünfte in einem Vermögensverzeichnis. Vielmehr ist es Sache des Gläubigers, sich darüber Gedanken zu machen, ob man die Einholung von Drittauskünften für erforderlich hält oder nicht.
In Kenntnis dieser rechtlichen Selbstverständlichkeiten und mit eben dieser Begründung legt unser Gläubiger Erinnerung ein und muss sich dann vom Amtsgericht Aachen in einem Beschluss vom 6.10.2014 belehren lassen, dass die Auffassung des Gerichtsvollziehers richtig sei und das alleinige Abstellen darauf, ob die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers ausreichten, ohne Prüfung, ob die Selbstauskunft richtig ist, stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung des Schuldners dar.
Auch die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg, das Amtsgericht Aachen hilft nicht ab und legt den Vorgang dem Landgericht zur Entscheidung vor. Das Landgericht stellt die Dinge "vom Kopf wieder auf die Füße" und gibt dem Gläubiger in einem wohlbegründeten Beschluss Recht, indem es sich schlicht und einfach an den gesetzlichen Vorschriften und auch an der Gesetzesbegründung orientiert, aus der nicht ansatzweise herauslesbar sei, was der Gerichtsvollzieher und immerhin eine promovierte Richterin am Amtsgericht für ihre rechtsfehlerhafte Beurteilung anführen wollten.
Klipp und klar heißt es in der Entscheidung u.a.:
Zitat
"Viel mehr geht aus dieser [der Gesetzesbegründung] hervor, dass der Gesetzgeber unter Abwägung des Rechts des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung und des Vollstreckungsinteresses des Gläubigers und wie auch der Allgemeinheit im Falle der Abgabe einer Fremdauskunft die Einholung von Drittauskünften bereits dann für zulässig erachtet hat, wenn die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände im Falle der Vollstreckung eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht erwarten lassen."
Nichts anderes hatte der Gläubiger für sich in Anspruch genommen und aus dem letztendlich erfreulichen Ausgang dieser Geschichte mag die Lehre mitgenommen werden:
"Auch Amtsrichtern ist es nicht untersagt, Einblick in Gesetzesbegründungen zu nehmen, wenn man sich mit dem reinen Gesetzestext überfordert sieht."
(LG Aachen, Az. 5 T 154/14 bzw. AG Aachen, Az. 905 M 986/14)