In arbeitsrechtlichen Angelegenheiten können die Handwerksinnungen und i.Ü. die zuständigen Stellen im Sinne des Berufsbildungsgesetzes Ausschüsse bilden, die zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis ein Schlichtungsverfahren durchführen.

Auch diese Verfahren stellen eine eigene Gebührenangelegenheit dar (§ 17 Nr. 7 Buchst. b) RVG), und zwar sowohl gegenüber der vorangegangenen außergerichtlichen Vertretung als auch gegenüber einem nachfolgenden Rechtsstreit vor dem ArbG. Insgesamt sind also drei Angelegenheiten gegeben, nämlich

  • außergerichtliche Vertretung,
  • Vertretung im Schlichtungsverfahren und
  • Vertretung im Rechtsstreit vor dem ArbG.

In allen drei Angelegenheiten erhält der Anwalt seine Vergütung gesondert, insbesondere auch eine gesonderte Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV RVG.

Auch für das Schlichtungsverfahren nach § 111a Abs. 2 ArbGG entsteht eine 1,5-Geschäftsgebühr (Nr. 2303 Nr. 2 VV RVG). Es gilt hier i.Ü. das gleiche wie in den obligatorischen Streitschlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO (s.o. I.).

 

Beispiel 18:

Der Arbeitgeber spricht gegenüber seinem Auszubildenden die fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses aus (monatliche Ausbildungsvergütung 800 EUR). Daraufhin beauftragt der Auszubildende einen Anwalt, der zunächst versucht, außergerichtlich die Kündigung abzuwehren. Die Tätigkeit ist weder umfangreich noch schwierig. Hiernach ruft der Anwalt den zuständigen Ausschuss (Kreishandwerkerschaft o.Ä.) an. Das Verfahren endet ohne Ergebnis. Es kommt zum Kündigungsschutzprozess, in dem die Parteien in der mündlichen Verhandlung eine Einigung treffen.

Für die außergerichtliche Vertretung erhält der Anwalt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG. Da die Tätigkeit im Beispiel weder umfangreich noch schwierig war, ist lediglich eine 1,3-Gebühr abzurechnen (Anm. zu Nr. 2300 VV RVG).

Für das Schlichtungsverfahren erhält der Anwalt eine weitere Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 Nr. 2 VV RVG i.H.v. 1,5. Auf diese Geschäftsgebühr ist die Geschäftsgebühr der Nr. 2300 VV RVG gem. Vorbem. 2.3 Abs. 6 VV RVG hälftig, also zu 0,65, anzurechnen.

Im anschließenden Kündigungsschutzprozess erhält der Anwalt zunächst einmal eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Auf diese Gebühr hälftig anzurechnen ist gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1, 3 VV RVG die Geschäftsgebühr der Nr. 2303 Nr. 2 VV RVG, also mit 0,75 (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG).

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 42 Abs. 2 GKG. Dieser Gegenstandswert nach § 42 Abs. 2 GKG gilt nicht nur für das gerichtliche Verfahren (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG), sondern nach § 23 Abs. 1 S. 3 RVG auch für die außergerichtliche Tätigkeit. Auszugehen ist somit von dem Vierteljahreseinkommen i.H.v. 2.400 EUR.

 
I. Außergerichtliche Vertretung (Wert: 2.400 EUR)    
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG   261,30 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 281,30 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   53,45 EUR
  Gesamt   334,75 EUR
       
II. Schlichtungsverfahren (Wert: 2.400 EUR)    
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2303 Nr. 2 VV RVG   301,50 EUR
2. gem. Vorbem. 2.3 Abs. 6 VV RVG anzurechnen, 0,65 aus 2.400 EUR   – 130,65 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 190,85 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   36,26 EUR
  Gesamt   227,11 EUR
       
III. Rechtsstreit (Wert: 2.400 EUR)    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG   261,30 EUR
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG anzurechnen, 0,75 aus 2.400 EUR   – 150,75 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG   241,20 EUR
4. 1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1000, 1003 VV RVG   201,00 EUR
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 572,75 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   108,82 EUR
  Gesamt   681,57 EUR

Die Frage, inwieweit die Kosten des Schlichtungsverfahren zu erstatten und festzusetzen sind, stellt sich hier nicht, da nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG insoweit eine Kostenerstattung ausgeschlossen ist.

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