Unberücksichtigt bleiben somit gemäß Satz 2 auch vom Mieter vorgenommene Mietminderungen. Der Mieter kann also nicht einwenden, dass wegen einer Mietminderung durch den Vormieter die Vormiete geringer gewesen sei. Zur Veranschaulichung der damit zusammenhängenden Problematik dient folgender Ausgangsfall:
- Wohnfläche: 100 m2,
- Vormiete: 800 EUR,
- Minderung: 100 EUR,
- Ortsübliche Miete: 600 EUR (6,00/m2).
aa) Behebbarer Mangel
Mietminderungen können vorübergehende Mängel betreffen, die der Vermieter jederzeit beheben kann. So wie schon bei der Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete derartige behebbare Mängel ohne Berücksichtigung bleiben, ist dies auch bei der Vormiete der Fall. Wenn schon an die ortsübliche Vergleichsmiete angeknüpft wird, dürfen für die Berücksichtigung der Minderung keine unterschiedlichen Maßstäbe angesetzt werden. Daher ist es gerechtfertigt, bei behebbaren Mängeln eine vom Vormieter vorgenommene Mietminderung im Rahmen der Wiedervermietungsmiete unberücksichtigt zu lassen. Im obigen Ausgangsfall kann der Vermieter somit bei der Wiedervermietung 800 EUR verlangen.
Dabei ist zu bedenken: Kannte der Nachmieter den Mangel nicht, kann auch er die Miete mindern. Wenn der Nachmieter dagegen den Mangel bei Abschluss des Mietvertrags kannte, mindert sich die Miete wegen § 536b Abs. 1 BGB nicht. In diesem Fall bleibt dem Mieter aber sein Erfüllungsanspruch auf Mängelbeseitigung (BGH NZM 2007, 484). Zwecks Durchsetzung dieses Rechts kann er ggf. von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen (Blank/Börstinghaus, Miete, § 536b Rn. 18a; Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, 11. Aufl. § 536b Rn. 49; Schmidt NZM 2013, 705). Letztlich ist noch der Fall zu erwähnen, dass sich die Parteien auf den Zustand der Wohnung als "vertragsgemäß" geeinigt haben. Dann hat der Mieter weder ein Mietminderungsrecht noch einen Erfüllungsanspruch.
bb) Nicht behebbarer Mangel
Anders sieht dies allerdings aus, wenn es sich um einen sog. unbehebbaren Mangel handelt. Ein solcher liegt vor, wenn die Beseitigung des Mangels aus technischen oder sonstigen Gründen ohne Veränderung der Mietsache unmöglich ist. Vermietet der Vermieter beispielsweise eine Wohnung unter Vorspiegelung einer Wohnungsgröße, die um 20 % höher liegt als die tatsächliche Wohnfläche, dann liegt ein unbehebbarer Mangel vor, weil der Vermieter dem Mieter nur die tatsächliche Wohnfläche zur Verfügung stellen kann. Ohne Veränderung der Wohnung können dem Mieter 20 % mehr Wohnfläche nicht zur Verfügung gestellt werden.
Für solche Fälle wird die Auffassung vertreten, dass die Regelung in § 556e Abs. 1 S. 2 BGB bezüglich der Mietminderung keine Anwendung finden kann (Beyer, Stellungnahme zum Gesetzentwurf vom 14.10.2014 Ziff. 2a).
Beispiel:
Miete: |
800 EUR |
Wohnfläche: |
100 m² |
Angegebene Fläche |
120 m² |
Mietminderung (16,7 %): |
133,60 EUR |
Zu berücksichtigende Vormiete |
666,40 EUR |
Eine andere Auffassung (Flatow WuM 2015, 191, 196) vertritt dagegen der Meinung, dass die Reduzierung der Miete durch die Mietpreisbremse nicht an die Stelle des Mietminderungsrechts treten darf. Da das Mietminderungsrecht des Mieters nicht begrenzt werden dürfe, würde die Vorschrift des § 556g Abs. 2 BGB mit dem Mietminderungsrecht kollidieren. Denn dort wird für das Rückforderungsrecht des Mieters eine Rüge vorausgesetzt, was mit § 536 Abs. 4 BGB nicht zu vereinbaren ist, weil die geminderte Miete nach dieser Vorschrift automatisch mit Auftreten des Mangels entsteht. Nach dieser Auffassung kann der Vermieter ungeachtet der tatsächlichen Größe der Wohnung 800 EUR bei der Wiedervermietung verlangen.
Diese Auffassung will dem Gesetzeswillen stärker Rechnung tragen, insbesondere für den Fall, dass der Vermieter im Rahmen der Vormiete einen Mietpreis vereinbart hat, der über der ortsüblichen Miete liegt. Eine Mietminderung wegen der Wohnfläche führt häufig dazu, dass die dann zu zahlende Miete geringer ist als die ortsübliche Vergleichsmiete der mangelhaften Wohnung. Wollte man hier der Mietminderung Vorrang einräumen, müsste der Vermieter auf sein Recht, eine Wiedervermietungsmiete von 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu verlangen, verzichten. Dies wäre nach dieser Auffassung aber mit der Zielrichtung des Gesetzes nicht vereinbar.
Hinweis:
Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass, hat der Vermieter den Mieter nicht aufgeklärt und die Wohnung – wie schon beim Vormieter – unter falscher qm-Angabe vermietet, dann bleibt dem Mieter das Minderungsrecht, so dass auch unter Vereinbarung der neuen Miete der Mieter entsprechend dem Mangel die Miete mindern kann und anstatt 800 EUR nur 666,40 EUR zahlen muss.