Die medial wohl bekannteste Ausprägung der Blockchain-Technologie sind sog. kryptografische Währungen ("digital currencies") wie Bitcoin, Ether oder IOTA, um nur einige zu nennen. Das Bitcoin-Register besteht im Kern aus einem Zahlungssystem und Geldeinheiten, die dezentral in einem Rechnernetz mithilfe einer Software geschöpft und verwaltet werden (Schrey/Thalhofer NJW 2017, 1431). Eine dezentrale Datenbank dokumentiert und authentifiziert alle Transaktionen der Teilnehmer in einer Blockchain. Anwender können über sog. Clients Währungseinheiten kaufen oder verkaufen (derivativer Erwerb). Die dezentrale Verwaltung über das anwenderbezogene Peer-to-Peer-Netzwerk garantiert den Schutz vor dem Zugriff von Hackern. Die singuläre Individualisierung der Währungseinheiten garantiert den Schutz vor dem Kopieren von Geld. Die Begrenzung des energieintensiven "Mining" (Schürfen von Bitcoin, sog. originärer Erwerb) auf die Anzahl von 21 Millionen Einheiten garantiert den Schutz vor Wertverfall und Inflation (Konzept nach einem Whitepaper eines Kollektivs, veröffentlicht unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto, https://bitcoin.org/bitcoin.pdf ).
Hinweis:
Die steigende Anwenderzahl, Anonymität und zahlreiche legale wie illegale Portale ("Silk Road") führten im vergangenen Jahr zu einem starken Wertanstieg des Bitcoin ("Rush") um das Vierzehnfache. Bei einer Marktkapitalisierung von ca. 152 Milliarden Euro steckt der Bitcoin im Vergleich zu US-Dollar (3,1 Billionen Euro), Euro (1,17 Billionen Euro) oder Gold (7 Billionen Euro) allerdings noch "in den globalökonomischen Kinderschuhen".
1. Allgemeines Zivilrecht
Neben den sog. Smart Contracts (hierzu s. unten IV.) bereitet die Blockchain-Technologie vor allem mit Blick auf deren Prinzip der Unveränderlichkeit Probleme. Das BGB kennt beispielsweise Nichtigkeitsgründe, etwa infolge der Anfechtung, die im Rahmen der Blockchain in technischer Hinsicht keine Berücksichtigung finden. Die Blockchain-Technologie ist nicht in der Lage, juristische Wertungen vorzunehmen. Bei der Anfechtung würde dies bereits an ihrer ex-tunc-Wirkung scheitern, die die im Vorfeld durch Algorithmen vorgegebene Blockchain-Transaktion nicht rückwirkend wieder vernichten könnte. Zudem sind Nichtigkeitsgründe Gegenstand einer juristischen Analyse, die durch die Blockchain ebenfalls nicht gewährleistet werden kann (Schrey/Thalhofer NJW 2017, 1431, 1435).
Auch im Bereich des Minderjährigenschutzes sowie bei der Rückabwicklung von Verträgen setzen sich die Probleme der "juristisch falsch angelegten" Transaktionen sowie die fehlende Berücksichtigung von rechtlichen Sondersituationen fort. Rückabwicklungen von Verträgen im Rahmen von sog. reverse transactions bieten zwar wirtschaftlich den Effekt eines Rücktritts, sie stellen jedoch technisch nur fiktive gegenläufige Transaktionen zu den vormals falsch angelegten Transaktionen dar. Damit bleiben rechtlich jedoch die vorherigen, z.B. nichtigen, Transaktionen in der Blockchain bestehen und werden lediglich durch eine Fiktion ihrem Ergebnis nach korrigiert.
2. Kapitalmarkt- und Aufsichtsrecht
Virtuelle Währungen wie Bitcoin sind aufsichtsrechtlich nicht explizit reguliert, so dass in diesem Zusammenhang einige Fragen ungeklärt sind.
a) Virtuelle Währungseinheiten als Finanzinstrumente
Hierzu zählt beispielsweise die Frage, ob Bitcoins als sog. Rechnungseinheiten Finanzinstrumente i.S.d. § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 7 Alt. 2 KWG sind (dafür: BaFin, Merkblatt Finanzinstrumente [s. 2. b) hh], http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_111220_finanzinstrumente.html; Spindler/Bille WM 2014, 1357, 1363; a.A. u.a. Auffenberg NVwZ 2015, 1184, 1187; vgl. auch Nachweise bei Schäfer, in: Boos/Fischer u.a., KWG/CRR-VO, 5. Aufl., § 1 Rn 287, Fn 736). Rechnungseinheiten sind mit Devisen vergleichbar. Hierunter fallen auch Werteinheiten, die die Funktion von privaten Zahlungsmitteln bei Ringtauschgeschäften haben, sowie jede andere Ersatzwährung, die aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen als Zahlungsmittel in multilateralen Verrechnungskreisen eingesetzt wird.
Virtuelle Währungen sind – anders als Devisen – keine gesetzlichen Zahlungsmittel. Sie sind auch kein E-Geld im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG), da es keinen Emittenten gibt, der sie unter Begründung einer Forderung gegen sich ausgibt (vgl. Beck NJW 2015, 580, 581 ff.).
Hinweis:
Hier unterscheiden sich virtuelle Währungseinheiten (wie Bitcoin) von dem sog. digitalen E-Geld-Geschäft nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 1a ZAG (z.B. PayPal), hinter dem eine zentrale Stelle steht, die die Ausgabe und Verwaltung der Einheiten tätigt. Bitcoin können aber nach der inzwischen überwiegenden Ansicht als privates, komplementäres Geld (Hildner BKR 2016, 485, 486; Lerch ZBB 2015, 190, 192) eine Geldschuld erfüllen (Beck NJW 2015, 580, 585).
Die bloße Nutzung virtueller Währungen als Ersatz für Bar- oder Buchgeld zur Teilnahme am Wirtschaftskreislauf im Austauschgeschäft ist nach Ansicht der BaFin keine erlaubnispflichtige Tätigkeit (BaFin – Virtuelle Währungen, s. www.bafin.de/DE/Aufsicht/FinTech/VirtualCurrency/virtual_currency_artikel....