Die Klägerin des vorliegenden Verfahrens wendet sich gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherung- und Umlagebeiträgen sowie die Festsetzung von Säumniszuschlägen.
Hinweis:
Das BAG hat am 14.12.2010 (1 ABR 19/10, NJW 2011, 1534) die Tarifunfähigkeit der "Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen" (CGZP) wegen nicht ausreichender Durchsetzungskraft und organisatorischer Leistungsfähigkeit bestätigt.
Der beklagte Rentenversicherungsträger verlangte zusätzliche Gesamtsozialversicherung- und Umlagebeiträge für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 i.H.v. knapp 120.000 EUR nebst Säumniszuschlägen von rund 22.500 EUR. Aufgrund des unwirksamen CGZP-Tarifvertrags können gem. § 10 Abs. 4 AÜG a.F. (s. nunmehr § 3 Abs. 1 AÜG, sog. Equal-pay-Anspruch) verliehene Arbeitnehmer höheres Arbeitsentgelt beanspruchen. Dieses Entgelt war den Leiharbeitnehmern über die bereits gewährte Vergütung hinaus noch nicht zugeflossen. Das LSG hat das klageabweisende Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und zur Begründung darauf abgestellt, § 22 Abs. 1 S. 2 SGB IV bestimme, dass bei einmalig zu zahlendem Arbeitsentgelt – um das es hier gehe – die Beitragsansprüche erst entstehen, wenn diese ausbezahlt worden sind. Dem folgt das BSG nicht (Urt. v. 4.9.2018 – B 12 R 4/17 R).
Arbeitgeber haben für versicherungspflichtige Beschäftigte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen (§ 28d S. 1 SGB IV). Der Beitragsbemessung liegt in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde (§ 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V, § 162 Nr. 1 SGB VI, § 57 Abs. 1 S. 1 SGB XI, § 342 SGB III). Dabei gilt im Beitragsrecht der Sozialversicherung für laufend gezahltes Arbeitsentgelt das sog. Entstehungsprinzip (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Danach entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Maßgebend für die Entstehung von Beitragsansprüchen, die an das Arbeitsentgelt anknüpfen, ist damit allein das Entstehen des arbeitsrechtlich geschuldeten Entgeltanspruchs – ohne Rücksicht darauf, ob, von wem und in welcher Höhe dieser Anspruch im Ergebnis durch Entgeltzahlung erfüllt wird. Der Zufluss von Arbeitsentgelt ist nur entscheidend, soweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mehr leistet, als unter Beachtung der gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Regelungen geschuldet ist. Unerheblich ist zudem, ob der einmal entstandene Entgeltanspruch (eventuell) nicht mehr realisiert werden kann. Auch der equal-pay-Arbeitsentgeltanspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG a.F. unterliegt nach dem Entstehungsprinzip der Beitragspflicht. Nach dieser Vorschrift können Leiharbeitnehmer von ihren Verleihern die Gewährung der für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen, es sei denn, ein – wirksam vereinbarter – Tarifvertrag lässt abweichende Regelungen zu. Der aus § 10 Abs. 4 AÜG a.F. folgende Entgeltanspruch ist kein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt. Hierunter sind nach § 23a Abs. 1 S. 1 SGB IV nur Zuwendungen zu verstehen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden.
Wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG konnte das BSG nicht abschließend entscheiden, ob die von der Klägerin zudem erhobene Einrede der Verjährung der Beitragsforderung für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2007 entgegensteht. Nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV beträgt die Verjährungsfrist grundsätzlich vier Jahre. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Die für diese verlängerte Verjährungsfrist erforderliche hinreichende Kenntnis von der Beitragspflicht kann zwar, so das BSG, nicht aufgrund des Beschlusses des BAG über die Tarifunfähigkeit der CGZP oder der Ankündigung der Betriebsprüfung unterstellt werden. Das LSG hat jedoch zu klären, ob aus anderen Gründen auf ein der Klägerin selbst vorwerfbares oder ihr zurechenbare vorsätzliches Vorenthalten von Beitragsbeiträgen geschlossen werden kann. Notwendige Feststellungen fehlen ferner dazu, ob die Beklagte auf die Beitragsforderungen entfallende Säumniszuschläge erhoben durfte (hierzu s. oben 3.)