Die Beschränkung der Minderjährigenhaftung nach § 1629a BGB – die auf Verfassungsrecht beruht – gilt im SGB II entsprechend (s. nur BSG, Urt. v. 7.7.2011 – B 14 AS 153/10 R). Die entsprechende Anwendung des § 1629a BGB tritt auch dann ein, wenn das Jobcenter den Erstattungsbescheid erst nach Eintritt der Volljährigkeit erlässt (BSG, Urt. v. 18.11.2014 – B 4 AS 12/14 R). Das BSG hat nunmehr seine Rechtsprechung in zwei Entscheidungen vom 28.11.2018 fortgeführt:
In einem der zu entscheidenden Fälle (BSG, Urt. v. 28.11.2018 – B 14 AS 34/17 R) hatte die Klägerin zunächst aufgrund vorläufiger Entscheidung (s. § 41a SGB II) Arbeitslosengeld II von dem beklagten Jobcenter erhalten. Nach Vorlage der Verdienstbescheinigung setzte das Jobcenter die Leistung abschließend fest und forderte die Klägerin zur teilweisen Erstattung der Leistung auf. Die Vorinstanzen vertraten die Auffassung, die Beschränkung der Minderjährigenhaftung nach § 1629a BGB greife nicht ein, weil die Erstattungsforderung nicht auf einem Verhalten der Eltern bzw. eines Elternteils beruhe, sondern auf einer abschließenden Entscheidung nach einer vorläufigen Bewilligung wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens.
Die Revision der Klägerin gegen die ihr nachteiligen Entscheidungen der Vorinstanzen war erfolgreich. Das BSG hob den Erstattungsbescheid entsprechend dem Begehren der Klägerin auf, soweit die Erstattung von Leistungen für die Zeit vor Eintritt ihrer Volljährigkeit verlangt wird. Auf die Rechtsgrundlage für das Erstattungsverlangen kommt es bei der Beschränkung der minderjährigen Haftung, so das BSG, nicht an. Überdies setze die Haftungsbeschränkung nach § 1629a BGB kein Verschulden des Vertreters der Minderjährigen voraus.
In dem zweiten Verfahren (BSG, Urt. v. 28.11.2018 – B 4 AS 41/17 R) entschied das Gericht, dass die Klägerin sich auf die Beschränkung der Minderjährigenhaftung auch dann berufen kann, wenn sie erst im Laufe des Gerichtsverfahrens gegen den Erstattungsbescheid volljährig geworden ist. Aus dem Umstand, dass die Klägerin verfahrensrechtlich zutreffend gegen den strittigen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid eine (reine) Anfechtungsklage erhoben hat, folge nichts anderes. Trotz der "Faustregel", wonach sich die Beurteilung der Rechtswidrigkeit einer Anfechtungsklage nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung bestimmt, ist letztlich entscheidend das einschlägige materielle Recht; wenn nach dessen Auslegung auf einen anderen Zeitpunkt abzustellen ist, kommt es auf diesen an (s. zu diesem Fragenkreis auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 54 Rn 33 f, m.w.N.).