Die Grundsätze der Strafzumessung im engeren Sinne regelt § 46 Abs. 1 StGB. Hiernach ist die Schuld des Täters Grundlage für die Zumessung der Strafe. Auch sind die Wirkungen, die für sein künftiges Leben in der Gesellschaft zu erwarten sind, zu berücksichtigen.
Hinweis:
Die Strafzumessungserwägungen müssen stets einen Bezug zur konkreten Tat und ihren tatsächlichen Bezügen aufweisen. Bedenklich sind daher allgemein gehaltene, sich nicht mit den jeweiligen Einzelfallumständen auseinandersetzende Ausführungen wie jene, dass die Tat geeignet sei, "das Rechtsempfinden und Sicherheitsgefühl der Bevölkerung empfindlich zu stören" oder dass dem Verhalten des Täters "in aller Deutlichkeit Grenzen zu setzen" seien. Derartige Formulierungen legen die Besorgnis nahe, dass sich das Gericht allein von generalpräventiven Erwägungen hat leiten lassen (BGH, Beschl. v. 19.12.2018 – 1 StR 477/18).
§ 46 Abs. 2 S. 1 StGB verpflichtet das Gericht, die für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen. Einige dieser Strafzumessungsgesichtspunkte sind in § 46 Abs. 2 S. 2 StGB aufgeführt; die dortige Aufzählung ist jedoch nicht abschließend, sondern beispielhaft (Fischer, § 46 Rn 21).
1. Wirkung der Strafe auf das künftige Leben des Angeklagten
Gemäß § 46 Abs. 1 S. 2 sind die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, zu berücksichtigen. Hierunter fallen etwa der in anderer Sache zu erwartende Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung oder Nebenfolgen der Verurteilung, wie der drohende Verlust der Beamtenrechte, der Widerruf einer Anwaltszulassung, der Wegfall der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit (u.U. schon ab 60 Tagessätzen, § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG) sowie Nachteile im beruflichen Fortkommen (zu den Personengruppen, bei denen die Folgen strafrechtlicher Verurteilungen besonders zu berücksichtigen sind, ausführlich Burhoff/Kotz, Handbuch für die strafrechtliche Nachsorge, 1. Aufl. 2015, Teil H). So ist etwa bei der Verurteilung eines Medizinstudenten im 7. Semester zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen in die Strafzumessungserwägungen einzubeziehen, dass sich eine solche Verurteilung aufgrund der Eintragung im Führungszeugnis (ein solches wird vor der Approbation als Arzt in aller Regel verlangt) erheblich nachteilig auf die Arbeitsmarktchancen des Angeklagten auswirken kann (OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.12.2017 – 1 Ss 174/17).
Darüber hinaus können auch die Wechselwirkungen zwischen der eigentlichen Strafe und weiteren Sanktionen, etwa Nebenstrafen oder Maßregeln der Besserung und Sicherung zu berücksichtigen sein. So sind u.a. auch die Auswirkungen von Einziehungsanordnungen zu berücksichtigen. Wird dem Täter durch solche Maßnahmen ein ihm gehörender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies als ein bestimmender Gesichtspunkt sowohl bei der Bemessung der Einzelstrafen als auch bei der Gesamtstrafe zu berücksichtigen (BGH NStZ-RR 2019, 88). Erörterungen hierzu sind nur dann entbehrlich, wenn der Gegenstandswert so gering ist, dass die Einziehung die Höhe der Hauptstrafe nicht wesentlich beeinflussen könnte.
Hinweis:
Das Gericht muss deshalb Feststellungen zum Wert des eingezogenen Gegenstands treffen oder zumindest ausreichende Schätzgrundlagen darlegen, um dem Rechtsmittelgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob die Einziehung als strafmildernder Umstand in die Bemessung der Hauptstrafe einzustellen gewesen wäre (KG, Beschl. v. 21.8.2018 – 121 Ss 135/18).
Keine strafmildernde Wirkung hat dagegen der Umstand, dass gegen den Angeklagten die Einziehung von Taterträgen angeordnet wird. Diese Maßnahmen hätten, so der BGH, trotz bisweilen erheblicher Belastungen keinen Strafcharakter; sie würden keinen Genugtuungs-, sondern einen Präventionszweck verfolgen. Hieran habe auch die Reform des Rechts der Vermögensabschöpfung nichts geändert (BGH NStZ 2018, 366 m.w.N.).
2. Beweggründe und Ziele/Gesinnung
Die Beweggründe, die Tatziele und die Gesinnung des Angeklagten können sich im Rahmen der Strafzumessung sowohl zu seinen Gunsten als auch zu seinen Lasten auswirken. So ist es etwa strafmildernd zu berücksichtigen, wenn die Tat auf eine Suchterkrankung zurückzuführen war oder wenn es sich um eine aus Verzweiflung oder aufgrund einer Notlage begangene Spontantat handelt, wohingegen, sofern nicht gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen wird, u.a. grober Eigennutz oder grobe egoistische Beweggründe strafschärfend gewertet werden können (Fischer, § 46 Rn 26).
Zum 1.8.2015 kam es jedoch zu einem Systembruch, als der Gesetzgeber in § 46 Abs. 2 StGB eingefügt hat, dass besonders auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende Beweggründe zu berücksichtigen sein. Ein praktischer Bedarf für diese Neuregelung bestand nicht, war doch bereits zuvor anerkannt, dass etwa derartige Motive strafschärfend zu berücksichtigen sind. Über derartige Einwände, die u.a. auch die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren erhoben hatte, hat sich der Gesetzgeber indes aus Gründen, die eher politischer denn rechtlicher Natur sein...