Beim Einsatz von Büropersonal sollte auf die Abfassung allgemeiner Anweisungen besonderer Wert gelegt werden. Versäumnisse und Nachlässigkeiten an dieser Stelle können sich ansonsten schnell rächen. In zwei Leitsatzentscheidungen musste sich der 6. Zivilsenat des BGH kürzlich mit Fällen befassen, die das Fristenrecht und den Versand der Anwaltspost über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) betrafen. In beiden Entscheidungen geht es um die Sorgfaltspflicht des Anwalts bei der Fristenwahrung und die Kontrolle und Anleitung des Büropersonals (Beschl. v. 17.3.2020 – VI ZB 99/19 u. Beschl. v.’20.3.2020 – VI ZB 49/19).
In dem einen Fall hatte der Gegner eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Als diese gewährt wurde, verlängerte eine Mitarbeiterin des Rechtsanwalts dessen Frist eigenmächtig ebenfalls, weil sie fälschlicherweise annahm, dass die Frist für beide Parteien verlängert worden sei. In dem anderen Fall hatte der Rechtsanwalt zunächst versucht, eine Berufungsbegründung mittels beA zu versenden. Als das nicht klappte, wies er seine Mitarbeiterin an, den Schriftsatz vorab per Fax und per Post zu versenden. Bei der Kontrolle, ob alle fristgebundenen Schriftsätze des Tages versandt worden waren, verwechselte sie jedoch im beA einen Antrag auf Festsetzung des Streitwerts mit der Berufungsbegründung in derselben Akte und trug die entsprechende Frist als erledigt aus; dabei bemerkte sie aber nicht, dass die Versendung per Fax nicht erfolgt war.
In beiden Fällen versagte der BGH die Wiedereinsetzung, weil er der Meinung ist, dass die Rechtsanwälte ihrer Kontroll- und Anleitungspflicht nicht ausreichend nachgekommen sind. So’müsse insb. mittels allgemeiner Anweisung sichergestellt sein, dass das Büropersonal nicht eigenmächtig die im Fristenkalender eingetragenen Fristen ändere oder lösche. Auch die Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze muss ein Anwalt laut BGH entweder per allgemeiner Kanzleianweisung oder im Einzelfall sicherstellen. Werde dabei das beA eingesetzt, genüge jedenfalls nicht die Feststellung, dass die Versendung irgendeines Schriftsatzes mit dem "passenden Aktenzeichen" an das Gericht erfolgt sei, sondern sei vielmehr anhand eines zuvor möglichst sinnvoll vergebenen Dateinamens auch zu prüfen, welcher Art der Schriftsatz sei.
[Quelle: BGH]