Das Bundesarbeitsgericht (BAG) möchte vom Europäischen Gerichtshof die Frage geklärt haben, unter welchen Voraussetzungen ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter abberufen werden kann. Insbesondere geht es den Kasseler Richtern um die Frage, ob die strengen Anforderungen, die das deutsche Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) an die Abberufung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten stellt, im Einklang mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stehen. Zur Beantwortung dieser und weiterer damit zusammenhängender Fragen hat das BAG im April ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet (BAG, Beschl. v. 27.4.2021 – 9 AZR 383/19 (A) und 9 AZR 621/19 (A)).
Folgender Sachverhalt liegt dem 9. Senat des BAG derzeit zur Entscheidung vor: Der Kläger ist bei der Beklagten der Betriebsratsvorsitzende. 2015 wurde er zusätzlich zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten und – parallel dazu – drei weiterer Konzernunternehmen bestellt. Die Beklagte berief den Kläger im Dezember 2017 und – nach Inkrafttreten der DSGVO – mit weiterem Schreiben vom Mai 2018 als Datenschutzbeauftragten ab. Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, seine Rechtsstellung als Datenschutzbeauftragter bestehe unverändert fort. Die Beklagte vertritt hingegen die Auffassung, es drohen Interessenkonflikte, wenn der Kläger zugleich Datenschutzbeauftragter und Betriebsratsvorsitzender sei; dies führe zu einer Unvereinbarkeit beider Ämter.
Das BAG sieht sich nun vor das Problem gestellt, dass nach deutschem Recht (§ 38 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG) ein „wichtiger Grund” i.S.d. § 626 BGB für die Abberufung notwendig ist, während dies nach europäischem Recht (Art. 38 Abs. 3 S. 2 DSGVO) nicht erforderlich ist; hier ist die Abberufung u.a. lediglich untersagt, wenn sie wegen der Aufgabenerfüllung des Datenschutzbeauftragten erfolgt.
Das BAG sieht im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 626 BGB für nicht erfüllt an. Es möchte deshalb nun vom EuGH wissen, ob die einzelnen Mitgliedstaaten für eine Abberufung von Datenschutzbeauftragten strengere Voraussetzungen aufstellen dürfen als dies nach den europäischen Vorgaben der Fall ist. Sollten die Europarichter dies bejahen, hält der 9. Senat es zudem für klärungsbedürftig, ob die Ämter des Betriebsratsvorsitzenden und des Datenschutzbeauftragten in einem Betrieb in Personalunion ausgeübt werden dürfen oder ob dies zu einem Interessenkonflikt i.S.v. Art. 38 Abs. 6 S. 2 DSGVO führt.
[Quelle: BAG]