Zusammenfassung
Zum Berufsbild des Architekten gehört es, einen Bauherrn bei baurechtlichen Fragen zu begleiten und zu beraten. In gewissem Umfang und zum Teil auch notwendiger Weise verfügen Architekten über besondere Kenntnisse im öffentlichen und privaten Baurecht, soweit es um Planungs- und Überwachungsziele geht. Allerdings ist der Architekt kein juristischer „Allrounder” und es müssen Grenzen seiner rechtsberatenden Tätigkeit definiert werden.
I. Einleitung
Nach § 3 RDG dürfen außergerichtliche Rechtsdienstleistungen nur mit einer Erlaubnis erbracht werden, die sich aus dem RDG oder aus Spezialgesetzen (§ 1 Abs. 3 RDG), z.B. für Rechtsanwälte aus der BRAO, ergibt. Im RDG eröffnet § 5 die Möglichkeit, Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit zu erbringen (sog. Nebenleistungen), sofern diese zum Berufsbild gehören.
Der BGH hatte sich in seinem Urteil zur Rechtsberatung durch eine Architektin (BGH, Urt. v. 11.2.2021 – I ZR 227/19) schon einmal mit der Frage zu befassen gehabt, wo der Bereich der unerlaubten Rechtsdienstleistung des Architekten beginnt (Vertretung des Bauherrn in einem Widerspruchsverfahren). Nunmehr hatte der BGH (Urt. v. 9.11.2023 – VII ZR 190/22) erneut Gelegenheit, die Abgrenzungskriterien darzustellen (Erstellung einer Skontoklausel für den Bauherrn). Aus Sicht der Anwaltschaft kann die Rechtsprechung des BGH als Schutz von deren Tätigkeitsfeldern gesehen werden.
Im Folgenden soll die aktuelle Rechtsprechung des BGH analysiert und sollen die Konsequenzen daraus für die Tätigkeit des Architekten und die Lösungsmöglichkeiten dargestellt werden, mit denen auch die Interessen des Bauherrn – unter Einschaltung des Rechtsanwalts – gewahrt werden können.
II. Sachverhalt zur Entscheidung „Skontoklausel”
Ein Bauherr hatte mit einem Architekten jedenfalls betreffend die Leistungsphasen 1 bis 8 wegen des Neubaus eines Betriebsgebäudes einen Architektenvertrag abgeschlossen. Im Zuge seiner Tätigkeiten hatte er dem Bauherrn den Entwurf eines Bauvertrags mit einer von ihm (dem Architekten) empfohlenen Skontoklausel zur Verfügung gestellt. Diesen verwendete der Bauherr anschließend, als er bauausführende Unternehmen beauftragte. Im Verhältnis zu einem der Bauunternehmen behielt der Bauherr Skontobeträge in sechsstelliger Höhe ein. Es kam zu einem Rechtsstreit zwischen dem Bauherrn und dem Bauunternehmen. Dieser verlief für den Bauherrn insofern nicht erfolgreich, weil das Gericht der Auffassung war, die Skontoklausel halte der AGB-Kontrolle nicht Stand und sei daher unwirksam. Somit konnte der Bauherr seinen Skontoabzug rechtlich nicht durchsetzen. Die Rechtsnachfolgerin des Bauherrn erhob Klage gegen den Architekten auf Schadenersatzzahlung.
III. Instanzenzug
Das LG Tübingen (Urt. v. 23.12.2021 – 7 O 426/20) hatte der Klage gegen den Architekten i.H.v. 125.098,75 EUR nebst Zinsen hieraus stattgegeben. Die Unwirksamkeit der AGB-Klausel begründete das Gericht, wie dem Tatbestand des Berufungsurteils (OLG Stuttgart, Urt. v. 30.9.2022 – 10 U 12/22) zu entnehmen ist, wie folgt:
Zitat
„Die Klausel sei gemäß § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Nach der hier in Rede stehenden Vertragsbestimmung beginne die Skontofrist erst zu laufen, nachdem die von der Bauleitung geprüften und angewiesenen Abschlagsrechnungen bzw. die Abschlussrechnung bei der Bauherrschaft eingegangen seien. Der Zeitpunkt des Zugangs der geprüften Rechnung hänge damit allein von der Weiterleitung der Rechnung nach ihrer Prüfung durch den Architekten ab, an den die Rechnungen zunächst zu senden seien. Eine Skontogewährung, deren Berechtigung von der willkürlichen Handhabung einer der Partner abhänge (hier in der willkürlichen Ausdehnung der Prüfungsfrist für die Rechnungen), stelle keine Skontoregelung gemäß dem Handelsbrauch dar und sei deshalb nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.”
Die Skontoklausel sah das OLG Stuttgart in Übereinstimmung mit der Vorinstanz als unwirksam an. Im Übrigen aber beurteilte das Berufungsgericht die Sache anders und wies die Klage mit der Begründung ab, von einem Architekten, der vertraglich die Mitwirkung bei der Auftragserteilung übernommen habe (Grundleistung h der Leistungsphase 7 nach Anlage 11 zu § 33 S. 3 HOAI 2009), sei keine umfassende juristische Beratung zu Vertragsklauseln zu erwarten. Die Verpflichtung des Architekten beschränke sich auf eine Anwendung der Grundzüge des Rechts unter Berücksichtigung der gängigen Rechtsprechung. Auf eine unterbliebene (aktuelle) rechtliche Prüfung oder auf seine begrenzten Rechtskenntnisse habe der Beklagte nicht hinweisen müssen. Zwischen den Parteien blieb streitig, ob der Beklagte die Klausel selbst formuliert, sie aus einem gängigen Formularbuch entnommen oder von einem Rechtsanwalt hatte prüfen lassen. Da die Klägerin nichts Anderes beweisen konnte, legte das Berufungsgericht die vom Beklagten vorgebrachte Variante zugrunde, dass der Beklagte die von ihm erstellte Skontoklausel einem Rechtsanwalt vorgelegt und dieser sie dann gebilligt hatte.
Aufgrund der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hob der BGH (Urt. v. 9.11.2023 – VII Z...