Das Urteil des BGH v. 9.11.2023 dürfte Folgen für die Auslegung von Architektenleistungen mit rechtlichem Bezug haben und zu Verunsicherungen bei Architekten führen. Für die Rechtsanwälte bedeutet die Entscheidung des BGH eine weitere Sicherung von deren Mandatsbereichen. Während die in den früheren Entscheidungen vom BGH und auch vom OLG Koblenz thematisierten Tätigkeiten „Vertretung in Verwaltungsverfahren” und „Kündigungsberatung” noch relativ gut abgrenzbar sind, deutet sich im Beratungs- und Mitwirkungsbereich bei Leistungsphasen wie z.B. Nr. 6 und 7 (Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe) keine für einen juristischen Laien ganz klare Grenzlinie an. Häufige Tätigkeiten wie z.B. im Zusammenhang mit der Prüfung von Nachträgen (Vertragserweiterungen) oder mit der rechtlichen Mängelverfolgung, Fragen zur VOB/B u.Ä. könnten ggf. je nach Ausrichtung und Intensität unzulässig sein. Andererseits muss der Architekt über nicht unerhebliche Kenntnisse des privaten (Werk- und Bauvertragsrecht des BGB, VOB/B u.a.) und des öffentlichen Baurechts (Bauplanungs- und Bauordnungsrecht) verfügen und diese in seine Beratung des Bauherrn mit einbringen. Denn er hat die Pflicht, die Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, um die mit dem Besteller vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Daran darf ihn auch das RDG nicht hindern, was der BGH auch klargestellt hat. Die vom BGH erwähnten Spezialkenntnisse, die vom Architekten erwartet werden, sind im Einzelfall gegen die allgemeinen (erweiterten) Kenntnisse abzugrenzen, für die der Rechtsanwalt der vorgesehene Berater ist. In Anbetracht der bisherigen Rechtsprechung bleibt der Rechtsanwalt jedenfalls der ausschließliche Dienstleister für Vertragsgestaltung, Verfassen von rechtlichen Aufforderungsschreiben, Prüfung von rechtlichen Gestaltungserklärungen, Vertretung in Verwaltungsverfahren, Rechtsfragen im Zusammenhang mit Fördermittelanträgen, Geltendmachung von Vertragstrafen, Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Vergabeverfahren u.Ä.
Praxistipp:
Im Zweifelsfalle erscheint es nach den Ausführungen des BGH als der sicherste Weg, dass der Architekt den Bauherrn darauf hinweist, eine bestimmte Tätigkeit sei dem Architekten nicht erlaubt und der Bauherr möge sich insoweit an einen Rechtsanwalt wenden.
Solche Hinweise sollten dann auch nachweisbar sein. Denn im Falle eines Rechtsstreites trägt der Architekt hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
ZAP F., S. 539–544
Von Rechtsanwalt Dr. Harald Schneider, Fachanwalt für IT-Recht, Siegburg