Die größten Probleme bestehen jetzt für die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die nicht anlässlich ihrer derzeit ausgeübten Tätigkeit, sondern für eine vorhergehende Beschäftigung als Rechtsanwalt von der Versicherungspflicht gem. § 6 SGB VI oder sogar noch nach der Vorgängerregelung des § 7 Abs. 2 AVG befreit wurden.

Nach meiner Bewertung muss und wird der Arbeitgeber Rechtsanwälte, die keinen Befreiungsbescheid für die Tätigkeit bei ihrem aktuellen Arbeitgeber (unter Berücksichtigung von Betriebsübergängen, Verschmelzungen etc. – s.o.) haben (wobei bei Bescheiden bis ca. 2005 der Arbeitgeber nie genannt war und die Tatsache der Befreiung sich nur aus dem zeitlichen Zusammenhang ergibt, was aber ausreichend ist), bis zum 15.2.2015 mit Wirkung zum Januar 2015 bei der gesetzlichen Rentenversicherung anmelden um in den "Genuss" des Verzichts auf Zahlungen für die Vergangenheit bis zum 31.12.2014 zu kommen. Diese für die Arbeitgeber sehr positive Regelung werden viele Arbeitgeber nutzen, wie bereits zu bemerken ist. Dabei wird es in Zweifelsfällen eher eine Ummeldung zu viel, als eine zu wenig geben, was das laufende Arbeitsverhältnis belastet, was bei den Summen (für 4 Jahre ca. 54.000 EUR Belastung für den Arbeitgeber) durchaus verständlich ist.

 

Hinweis:

Dabei ist allerdings auch der Arbeitgeber verpflichtet zu schauen, ob nicht unter bestimmten Voraussetzungen ein Vertrauensschutz besteht, etwa weil in einer Betriebsprüfung der konkrete Fall geprüft wurde und es keine Beanstandungen gab.

Dies bedeutet für den umgemeldeten Rechtsanwalt: Ich sehe keine rechtliche Möglichkeit, die Ummeldung durch den Arbeitgeber zu verhindern, wenn kein Bescheid für den Arbeitgeber vorliegt.

 

Praxishinweis:

Wenn die Ummeldung dokumentiert ist (etwa durch die Gehaltsabrechnung oder eine Kopie der elektronischen Meldung an die DRV im Datenträgeraustausch) sollte der Rechtsanwalt einen Feststellungsantrag – auch als "Fortgeltungsantrag" zu bezeichnen – auf Fortgeltung seiner früher erteilten Befreiung für den jetzigen Arbeitgeber bei der DRV stellen. Darin können dann Vertrauensschutzerwägungen etc. eingebaut werden. Nur so können die entsprechenden Rechtsfragen offengehalten werden.

Ein neuer Befreiungsantrag bietet sich nicht an, da diesen die DRV aufgrund der sie bisher bindenden Entscheidungen des BSG vom 3.4.2014 ablehnen wird und dann in das Widerspruchsverfahren gegangen werden muss.

Der Feststellungsantrag erscheint mir die deutlich bessere Variante zu sein. Sozialrechtlich ist er problemlos möglich. Ob ein Feststellungsinteresse auch für zukünftige Tätigkeiten besteht, wie von manchen Beratern empfohlen, ist zweifelhaft, denn hier könnte das Rechtsschutzbedürfnis fehlen.

 

Praxishinweis:

Dieser Antrag muss innerhalb der Frist des § 6 Abs. 4 SGB VI – also i.d.R. bis zum 31.3.2015 – gestellt werden.

In diesem Verfahren sind dann alle Vertrauensschutzüberlegungen (Bescheid vor 1996, Wortlaut der Bescheide etc.) anzubringen. So kann etwa geltend gemacht werden, nicht nur für die seinerzeit ausgeübte Tätigkeit, sondern auch für jede nachfolgende berufsspezifische Tätigkeit befreit worden zu sein. Diese gegenüber der gesetzlichen Befreiungsmöglichkeit des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI viel weitreichenderen Befreiungsverfügungen der Verwaltung negiert die DRV in ihrer Verlautbarung unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG v. 31.10.2012 (B 12 R 8/10 R; B 12 R 3/11 R und B 12 R 5/10 R).

Ob dies unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zutreffend ist, werden die Gerichte oder der Gesetzgeber klären müssen.

Denn viele alte Bescheide enthalten, je nachdem aus welcher Zeit sie stammen, meist eine oder mehrere der folgenden nicht immer wortgleichen Formulierungen die m.E. erkennen lassen, dass die Befreiung nicht nur die aktuell ausgeübte Tätigkeit von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gelten sollte:

  • "Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Mitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne Befreiung Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären."
 

Hinweis:

Zu beachten ist, dass eine "anschließende freiwillige Mitgliedschaft im Versorgungswerk" zwingend voraussetzt, dass die rentenversicherungsbefreite Person ihre berufliche Tätigkeit wechselt, denn anderenfalls würde die Pflichtmitgliedschaft nicht wegfallen. Wobei es hier noch die Besonderheit des Wechsels zwischen den Versorgungswerken gibt.

  • "Die Befreiung endet erst mit der förmlichen Aufhebung durch die BfA."
 

Hinweis:

Zweifelsfrei – so die überwiegende Ansicht – sollte hier die Befreiungswirkung also gerade nicht mit einem Tätigkeitswechsel automatisch wegfallen.

  • "Die als Anlage beigefügte Durchschrift dieses Bescheides ist dem jeweiligen Arbeitgeber bzw. der Stelle auszuhändigen, die sonst zur Zahlung der Pflichtbeiträge zur Re...

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