Die Rechtsbeschwerde ist nur zum Teil zulässig, wenn die Entscheidung des AG mehrere Taten im verfahrensrechtlichen Sinn zum Gegenstand hat, die Voraussetzungen nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3, S. 2 OWiG aber nicht hinsichtlich aller, sondern nur für einzelne Taten gegeben sind. Die Rechtsbeschwerde ist dann nur insoweit zulässig, wie die Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3, S. 2 OWiG vorliegen. Im Einzelnen gilt (vgl. auch Burhoff/Junker, OWi, Rn. 3353 ff.; Burhoff/Kotz/Junker, Teil A Rn. 1383 ff.):
Es muss sich um mehrere Taten eines Betroffenen handeln. Ist der Betroffene z.B. wegen einer Tat zu einer Geldbuße von 125 EUR und wegen einer anderen Tat zu einer Geldbuße von 300 EUR verurteilt worden, ist die Rechtsbeschwerde ohne Zulassung nur wegen der Tat, die zu der Geldbuße von 300 EUR geführt hat, gegeben. Die Rechtsbeschwerde gegen die Festsetzung der Geldbuße von 125 EUR bedarf hingegen der Zulassung. Ob Gegenstand des Urteils eine einheitliche Tat ist oder nicht, hat das Rechtsbeschwerdegericht im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zu entscheiden. Nimmt es nur eine einheitliche Tat an, greift § 79 Abs. 2 OWiG nicht ein (OLG Hamm DAR 1974, 22). Als eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinne sind nicht angesehen worden Verkehrsverstöße, die an mehreren Tagen begangen werden, es sei denn, es liegt eine (fortgesetzte) Handlung vor (OLG Köln NZV 1989, 401); desgleichen nicht, wenn auf einer Fahrt an unterschiedlichen Orten und nach einem zeitlichen und räumlichen Einschnitt mehrere Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen werden, ohne dass eine fortgesetzte Handlung gegeben ist (OLG Hamm a.a.O.; OLG Jena DAR 2011, 409). Anders beurteilt worden ist die Frage aber, wenn eine Geschwindigkeitsüberschreitung nur durch eine abbiegebedingte Tempoverlangsamung unterbrochen wird (OLG Düsseldorf VRS 67, 129) oder wenn sich ein Verkehrsverstoß unmittelbar an den anderen anschließt (OLG Düsseldorf VRS 75, 360). Bei der Beurteilung kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, so dass die Beurteilung weitgehend Tatfrage ist (zum prozessualen Tatbegriff bei mehreren Verkehrsverstößen auf einer Fahrt s.a. Burhoff/Gübner, OWi, Rn. 2995 m.w.N.; OLG Brandenburg NZV 2006, 109 = DAR 2005, 521; OLG Celle NZV 2012, 196; OLG Hamm VRR 2012, 73).
Werden gegen einen Betroffenen mehrere Geldbußen wegen mehrerer Handlungen im materiell-rechtlichen Sinne festgesetzt und bilden diese Handlungen im verfahrensrechtlichen Sinne eine Einheit, trifft § 79 Abs. 2 OWiG dem Wortlaut nach nicht zu. Jedoch ist in diesen Fällen eine differenzierende Betrachtungsweise geboten. Bei einer unbeschränkt eingelegten Rechtsbeschwerde werden die Geldbußen zusammengerechnet (ganz h.M., vgl. Göhler/Seitz, § 79 Rn. 23 m.w.N.). Bei einer beschränkt eingelegten Rechtsbeschwerde, die sich nur auf eine einzelne der abgeurteilten Handlungen erstreckt, wird die dafür festgesetzte Geldbuße getrennt behandelt, soweit der angefochtene Teil der amtsgerichtlichen Entscheidung losgelöst von deren übrigem Inhalt selbständig geprüft und rechtlich beurteilt werden kann (OLG Celle JR 1976, 427).
Hinweis:
Bei der Anordnung eines Fahrverbots wegen mehrerer Taten ist die Rechtsbeschwerde, unabhängig von der Höhe der Geldbuße, wegen sämtlicher Taten zulässig, die für die Anordnung des Fahrverbots als entscheidungserheblich angesehen werden können. Denn in diesem Fall wird die Grundlage für die Anordnung des Fahrverbots in Frage gestellt, wenn das Urteil des AG auch nur hinsichtlich einer der selbständigen Taten aufgehoben wird (BayObLG VRS 69, 385).