Die Rechtsbeschwerde ist grundsätzlich ohne besondere Zulassung nur in den enumerativ in § 79 OWiG aufgezählten Fällen zulässig. Im Einzelnen gilt:
1. Wertgrenze von 250 EUR (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG)
Nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als 250 EUR festgesetzt worden ist. Die Festlegung dieser Wertgrenze hat zur Folge, dass die Rechtsbeschwerde gegen Urteile, durch die ein Bußgeld nur bis einschließlich 250 EUR festgesetzt worden ist, nicht erfasst sind. Kosten des Verfahrens und Auslagen der Staatskasse bleiben bei der Berechnung außer Ansatz.
Ist für eine Tat im prozessualen Sinne (§ 264 StPO entsprechend) eine einzige Geldbuße ausgeworfen, ergeben sich keine Besonderheiten; sie muss 250 EUR übersteigen. Wird vom Amtsrichter eine Geldbuße von 251 EUR festgesetzt, um die Rechtsbeschwerde zu ermöglichen, dürfte das i.d.R. rechtsfehlerhaft sein (OLG Frankfurt VRS 51, 291). Ebenso rechtsfehlerhaft ist es, wenn im Bußgeldverfahren auf eine Geldstrafe erkannt wird. In diesem Ausnahmefall wird man eine entsprechende Anwendung des § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bejahen müssen, da eine Geldstrafe in jedem Fall angesichts des Makels, der mit ihr verbunden ist, eine härtere Maßnahme darstellt (Senge in KK-OWiG, 4. Aufl. 2014, § 79 Rn. 13 [im Folgenden kurz: KK-OWiG-Senge]).
Hat der Betroffene im Rahmen einer Tat im prozessualen Sinne mehrere Handlungen begangen, die mit Einzelgeldbußen geahndet werden, z.B. mehrere Verkehrsverstöße bei einer Fahrt mit dem Pkw, ist bei unbeschränkt eingelegter Rechtsbeschwerde die Summe der ausgeworfenen Geldbußen maßgebend. Die Rechtsbeschwerde ist somit dann auch zulässig, wenn im einzelnen nur Geldbußen von bis zu 250 EUR verhängt worden sind (BayObLG NStZ-RR 1997, 248; KG wistra 1988, 322; OLG Koblenz VRS 75, 71 f). Ist das Rechtsmittel beschränkt, was zulässig ist (OLG Celle MDR 1976, 514), sind für die Errechnung der Wertgrenze nur die der Anfechtung unterworfenen Geldbußen zu addieren (Burhoff/Junker, OWi, Rn. 3352; Burhoff/Kotz/Junker, RM, Teil A Rn. 1382; zur beschränkten Zulässigkeit nach § 79 Abs. 2 OWiG, wenn mehrere Taten Gegenstand der Verurteilung sind, s.u. 7).
2. Verhängung von Nebenfolgen (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG)
Hat das AG eine Nebenfolge nicht vermögensrechtlicher Art verhängt, ist die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG stets zulässig. Zu diesen Nebenfolgen gehören: Fahrverbot nach § 25 StVG, Verbot der Jagdausübung, Entziehung des Jagdscheins, nicht jedoch die Eintragung im FAER nach § 28 StVG (OLG Hamm DAR 1997, 29 = VM 1997 Nr. 39 = VRS 92, 345 für Verkehrszentralregister), und zwar auch nicht, wenn die Eintragung zu einer sog. Nachschulung führt (OLG Hamm DAR 1997, 410 = NZV 1997, 495 [Ls.]) oder im Gewerbezentralregister nach § 149 Abs. 2 Nr. 3 GewO (vgl. Seitz in: Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 16. Aufl. 2013, § 79 Rn. 8 m.w.N. [im Folgenden kurz: Göhler/Bearbeiter]).
Bei der Verhängung einer Nebenfolge vermögensrechtlicher Art ist die Rechtslage anders. In diesen Fällen ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn das AG in seiner Entscheidung den Wert der vermögensrechtlichen Nebenfolge auf mehr als 250 EUR festgesetzt hat. Dabei sind Geldbuße und vermögensrechtliche Nebenfolge zusammenzurechnen (vgl. u.a. OLG Schleswig VRS 74, 55). Für die Wertfestsetzung der Nebenfolgen kommt es auf die Entscheidung des AG im Urteil oder Beschluss an. Diese ist nicht anfechtbar und für das OLG als Rechtsbeschwerdegericht verbindlich. Hat das AG in seinem Urteil oder Beschluss die Wertfestsetzung vergessen, ist die Rechtsbeschwerde, unabhängig vom Wert der Nebenfolge, zulässig. Eine Nachholung der Wertfestsetzung durch das AG ist unzulässig (KK-OWiG-Senge, § 79 Rn. 19).
Hinweis:
Zu den vermögenrechtlichen Nebenfolgen zählen: Einziehung nach §§ 22 ff. OWiG, Unbrauchbarmachung oder Beseitigung einer widerrechtlichen Kennzeichnung nach § 30 Abs. 1 S. 2 WZG, Verfall nach § 29a OWiG, Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG und Abführung des Mehrerlöses nach §§ 8 ff. WiStG 1954.
3. Nichtverurteilung (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG)
§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG betrifft die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde der StA. Sie kann eine amtsgerichtliche Entscheidung, die nicht zu einer Verurteilung des Betroffenen, sondern zu Freispruch oder Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses geführt hat, nur dann mit der Rechtsbeschwerde angreifen, wenn zuvor eine Geldbuße von mehr als 600 EUR im Bußgeldbescheid enthalten oder von der StA schriftlich oder mündlich in der HV beantragt worden war (wegen der Einzelh. vgl. KK-OWiG-Senge, § 79 Rn. 22; Göhler/Seitz, § 79 Rn. 11, jeweils m.w.N.). Nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG ist eine Rechtsbeschwerde der StA auch dann zulässig, wenn im Bußgeldbescheid ein Fahrverbot verhängt war (KK-OWiG-Senge, a.a.O.; vgl. zur nach früherem Recht insoweit erforderlichen Zulassung OLG Düsseldorf VRS 65, 454).
4. Verwerfung des Einspruchs (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 OWiG)
Bei der Verwerfung des Einspruchs als unzulässig durch Urteil ist die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 OWiG ohne Rücksicht auf die Höhe der im Bußgeldbescheid festgesetzten Geldbuße und den Wert etwa angeordneter Nebenfolgen v...