1. Erkennungsdienstliche Behandlung
Nach § 81b Alt. 2 StPO dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Hiermit im Zusammenhang steht die Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Anordnung einer vollzogenen erkennungsdienstlichen Maßnahme, die zwei Tatbestandsmerkmale in § 81b Alt. 2 StPO betrifft, nämlich die Stellung des Pflichtigen als "Beschuldigter" und die "Notwendigkeit" der Maßnahme.
Soweit es für die Rechtmäßigkeit des Bescheids nach § 81b Alt. 2 StPO auf die Eigenschaft als Beschuldigter ankommt, ist nach dem Beschluss des BVerwG vom 14.7.2014 (6 B 2.14, NVwZ-RR 2014, 848 f.) auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids abzustellen. Grundlage einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO – die funktional keine Verfahrenshandlung im Rahmen eines Strafverfahrens, sondern eine Verwaltungsmaßnahme darstelle – sei die als Verwaltungsakt ergehende Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung, durch die die gesetzliche Pflicht des Betroffenen zur Duldung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen präzisiert und die im Einzelfall konkret beabsichtigte erkennungsdienstliche Behandlung bestimmt werde. Dies folge aus der in § 81b Alt. 2 StPO normierten Duldungspflicht des Betroffenen als Beschuldigter eines gegen ihn gerichteten Strafverfahrens. Voraussetzung der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung sei daher, dass ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen schwebe; nur während der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens könne die Anordnung ergehen.
Nach § 81b Alt. 2 StPO dürfen die nach dieser Vorschrift zulässigen Maßnahmen vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Die Vorschrift stellt ausweislich des BVerwG hinsichtlich der Notwendigkeit der Maßnahmen nicht (nur) auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Vornahme dieser Maßnahmen ab.
2. Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bei polizeilicher Datenerhebung
Beim Einsatz einer Einrichtung der automatisierten Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen und deren Abgleich mit Fahndungsdatenbeständen, bei dem zwar eine Übereinstimmung des tatsächlich erfassten Kennzeichens mit einem im Fahndungsbestand vorhandenen Kennzeichen angezeigt wird, ein visueller Abgleich durch den damit betrauten Polizeibeamten aber eine mangelnde Übereinstimmung ergibt und das erfasste Kennzeichen sofort gelöscht wird, ohne dass die Anonymität des Inhabers aufgehoben wird, stellt sich die Frage nach einem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und einem damit korrespondierenden Unterlassungsanspruch.
Die vorstehenden Datenerfassungen bilden nach dem Urteil des BVerwG vom 22.10.2014 (6 C 7.13, DuD 2015, 196 ff.) keinen für die Annahme eines Grundrechtseingriffs hinreichenden Gefährdungstatbestand, soweit die Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder spurenlos, anonym und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, ausgesondert werden. Zu einem Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung komme es in den Fällen der elektronischen Kennzeichenerfassung dann nicht, wenn der Abgleich mit dem Fahndungsbestand unverzüglich vorgenommen werde und negativ ausfalle (sog. Nichttrefferfall) sowie zusätzlich rechtlich und technisch gesichert sei, dass die Daten anonym blieben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht würden. Demgegenüber komme es zu einem Eingriff in das Grundrecht, wenn ein erfasstes Kennzeichen im Speicher festgehalten werde und gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden könne. Darauf vor allem sei die Maßnahme gerichtet, wenn das Kraftfahrzeugkennzeichen im Fahndungsbestand aufgefunden werde. Ab diesem Zeitpunkt stehe das erfasste Kennzeichen zur Auswertung durch staatliche Stellen zur Verfügung und es beginne die spezifische Persönlichkeitsgefährdung für Verhaltensfreiheit und Privatheit, die den Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung auslöse.