Die Presse hat mancherorts bei gerichtlichen Verfahren ein Interesse an den Namen der am Prozess Beteiligten. Hierbei können das in den Schutzbereich der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) fallende Auskunftsinteresse mit den Persönlichkeitsrechten der Funktionsträger kollidieren. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass der Schutz der Pressefreiheit auch die Recherche über Gerichtsverfahren, in denen keine öffentliche Verhandlung stattfindet, von der Pressefreiheit umfasst ist. Die Informations- und Kontrollfunktion der Presse in Bezug auf Gerichtsverfahren erstreckt sich auch auf Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege an einem Gerichtsverfahren mitwirken. Sie erschöpft sich nicht in der Berichterstattung zu sachlichen Verfahrensinhalten.

Das BVerwG hat in seinem Urteil vom 1.10.2014 (6 C 35.14, K&R 2015, 67 ff. = NJW-Spezial 2015, 57 f. = AfP 2015, 80 ff.) die Persönlichkeitsrechte eines Verteidigers und eines Staatsanwalts, nach deren Namen die Presse wegen ihrer Verfahrensmitwirkung fragt, infolge des Grundsatzes der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen in ihrem grundrechtlichen Gewicht gegenüber der Pressefreiheit als gemindert angesehen. Der einfachgesetzlich in § 169 S. 1 GVG normierte Grundsatz der Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen besitze als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 103, 44, 63). Die Verfassung setze damit als Regelfall voraus, dass die Mitwirkung des Verteidigers und des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft bei einer Gerichtsverhandlung unter den Augen der Öffentlichkeit stattfinde und so ihre Namen öffentlich bekannt werden könnten.

 

Hinweis:

Das BVerfG hat anlässlich von Streitfällen entschieden, in denen die Zulässigkeit der Erstellung und Verbreitung von Bild- und Tonaufnahmen vor und nach gerichtlichen Verhandlungen oder in Sitzungspausen in Frage stand, dass Richter, Verteidiger und Staatsanwälte kraft des ihnen übertragenen Amtes bzw. ihrer Stellung als Organ der Rechtspflege anlässlich ihrer Teilnahme an Gerichtsverhandlungen im Blickfeld der Öffentlichkeit stünden und ein berechtigtes Interesse dieser Personen, nur durch die in der Sitzung Anwesenden wahrgenommen zu werden, angesichts der Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit für ein rechtsstaatliches Gerichtsverfahren regelmäßig nicht anzunehmen sei (vgl. DVBl 2000, 1778, 1779 und NJW-RR 2007, 1416; BVerfGE 119, 309, 323 f.; NJW 2012, 2178, 2179).

Demgegenüber hat das BVerwG hinsichtlich des Namens einer Urkundsbeamtin deren Persönlichkeitsrecht höher gewichtet als das Auskunftsinteresse der Presse.

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