Im Rahmen der Zugewinngemeinschaft wird nach § 1363 Abs. 2 S. 1 BGB das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten; dies gilt auch für Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt. Insoweit ist der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ein Güterstand der Gütertrennung. Von dem vertraglichen Güterstand der Gütertrennung unterscheidet sich der gesetzliche Güterstand im Wesentlichen in zwei Bereichen:
- Nach den §§ 1365, 1369 BGB kann der Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten über sein Vermögen im Ganzen bzw. ihm gehörende Gegenstände des ehelichen Haushalts verfügen;
- wird der Güterstand, entweder durch Tod § 1371 BGB oder andere Weise beendigt § 1372 BGB, ist der Zugewinn jedes Ehegatten auszugleichen, § 1363 Abs. 2 S. 2 BGB.
(1) Berechnung des Zugewinnausgleichs bei Beendigung auf andere Weise
Wird der Güterstand auf andere Weise als durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Zugewinn nach den §§ 1373–1390 BGB ausgeglichen, § 1372 BGB. Hierbei wird der Zugewinn durch einen Vergleich des Gesamtvermögens berechnet, in dem alle Vermögensgegenstände jedes Ehegatten sowie seine bei Eheschließung und Scheidungsantrag bestehenden Verbindlichkeiten berücksichtigt werden. Daher muss in einem ersten Schritt der Zugewinn für beide Ehegatten berechnet werden.
Nach § 1373 BGB ist der Zugewinn der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen dieses Ehegatten übersteigt. Für den Zugewinn ist entscheidend, wie viel jeder Ehegatte während der Ehe zu seinem Anfangsvermögen hinzugewonnen hat.
Das Anfangsvermögen ist gem. § 1374 Abs. 1 BGB das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstands gehört. Das Endvermögen ist gem. § 1375 Abs. 1 BGB das Vermögen, "das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört." Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung des Anfangsvermögens ist der Eintritt in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft, § 1376 Abs. 1 BGB. Dies wird in den allermeisten Fällen der Zeitpunkt der Eheschließung vor dem Standesamt sein. Hingegen wird das Endvermögen im Zeitpunkt der Beendigung des Güterstands ermittelt, § 1376 Abs. 2 BGB.
Konnte durch den Gesamtvermögensvergleich beider Ehegatten ein Zugewinn des einen oder beider Ehegatten festgestellt werden, muss dieser in einem zweiten Schritt zwischen den Eheleuten ausgeglichen werden. § 1378 Abs. 1 BGB bestimmt, wie sich dieser Zugewinnausgleich berechnet: "Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu."
Beispiel 4:
Der Ehemann M hatte bei der Eheschließung ein Anfangsvermögen von 20.000 EUR. Sein Endvermögen bei der Zustellung des Scheidungsantrags betrug 50.000 EUR. Das Anfangsvermögen der Ehefrau F betrug bei der Eheschließung 2.500 EUR und bei der Scheidung 10.000 EUR. F fragt, ob sie einen Anspruch auf Zugewinnausgleich gegenüber ihrem früheren Mann M hat?
Lösung:
Der Zugewinn des M beträgt 30.000 EUR (Berechnung: Endvermögen 50.000 EUR – Anfangsvermögen 20.000 EUR). Der Zugewinn der F beträgt demnach 7.500 EUR (Berechnung: 10.000 EUR – 2.500 EUR). Nach § 1378 Abs. 1 BGB hat der Ehemann M gegenüber seiner früheren Frau F einen größeren Zugewinn erwirtschaftet. Der Zugewinn des M ist insgesamt um 22.500 EUR (Berechnung: 30.000 EUR – 7.500 EUR) höher als der seiner früheren Ehefrau F. Der F stehen daher nach § 1378 Abs. 1 BGB die Hälfte von 22.500 EUR zu, also 11.250 EUR als Zugewinnausgleich gegenüber ihrem früheren Ehemann M.
(2) Berechnung des Zugewinnausgleichs im Todesfall
Für den Fall, dass der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten beendet wird (§ 1371 BGB), kommen zwei Möglichkeiten in Betracht, wie der überlebende Ehegatte am Nachlass beteiligt werden kann.
(a) Erbrechtliche Lösung
Lebten die Ehegatten im Zeitpunkt des Erbfalls im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wird die ermittelte gesetzliche Erbquote nach § 1931 Abs. 1 und Abs. 2 BGB durch den § 1371 BGB modifiziert.
Nach § 1371 Abs. 1 BGB wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch pauschal abgegolten, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ¼ der Erbschaft erhöht (Damrau/Tanck, Erbrecht, 2. Aufl., § 1931 Rn 9). Daher beträgt die Erbquote neben Verwandten der ersten Ordnung ½, §§ 1931 Abs. 1 S. 1, 1371 Abs. 1, 1924 Abs. 3 BGB. Die gesetzliche Erbquote neben Verwandten der zweiten Ordnung und neben den Großeltern beträgt ¾, §§ 1931 Abs. 1, 1371 Abs. 1 BGB.
Hinweis:
Für die Erhöhung des gesetzlichen Erbrechts kommt es nicht darauf an, wie lange die Ehe und damit der Güterstand der Zugewinngemeinschaft bestanden hat, noch kommt es darauf an, ob die Ehegatten einen Zugewinn erzielt haben bzw. wer ihn erzielt hat.
Beispiel 5:
Der E verstirbt und hinterlässt seine Ehefrau A sowie die gemeinsame Tochter B und die gemeinsamen Söhne C und D...