Der Oberbegriff für alle im ersten bis dritten Unterabschnitt normierten Geschäfte im vierten Abschnitt ist das "Frachtgeschäft". Allen Geschäften liegt ein Frachtvertrag zugrunde, also die Beförderung auf vertraglicher Basis. Der Frachtvertrag muss sich darüber hinaus auf eine Beförderung zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen beziehen und die Beförderung muss zum Betrieb des gewerblichen Unternehmens des Transportunternehmers (Frachtführers) gehören (Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 407 Rn 4; Heuer TranspR 1998, 45 f.).
a) Obhutshaftung/Gefährdungshaftung
Gemäß den §§ 425–427 HGB haftet der Frachtführer für Güter- und Verspätungsschäden verschuldensunabhängig. Wie dem Wortlaut des § 425 Abs. 1 HGB zu entnehmen ist, haftet der Frachtführer nur für den Schaden, der durch Verlust, Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder Überschreitung der Lieferfrist entsteht, also in dem Zeitraum, in dem sich das Gut in seiner Obhut befand. Da der Frachtführer verschuldensunabhängig bis zur Grenze des unabwendbaren Ereignisses haftet, spricht man ebenfalls von einer Gefährdungshaftung.
Hinweis:
Hintergrund dieser Regelung ist, dass Absender und Empfänger – aufgrund ihrer fehlenden Einflussnahme während der Beförderung – Interesse an einer leicht realisierbaren Haftung haben.
Der Frachtführer unterliegt somit einem sehr strengen Haftungsregime, da die Widerrechtlichkeit oder das Verschulden seiner Handlung nicht Voraussetzung für seine Haftung sind. Um dieses strenge Haftungsregime auf der anderen Seite wiederum zu begrenzen, hat der Gesetzgeber, was dem Zivilrecht ansonsten unbekannt ist, Höchsthaftungsbeträge, die sich an dem Gewicht des transportierenden Gutes orientieren, gesetzlich verankert. Grund für diese summenmäßige Schadenersatzbetragsbegrenzung ist der Umstand, dass der Gesetzgeber es als ungerecht ansah, wenn dem Frachtführer oftmals hohe Sachwerte übergeben werden, er aber nur ein geringes (Fracht-)Entgelt für diesen Transport erhält. Dieser Interessenausgleich soll zum einen durch die gewichtsmäßige Höchsthaftung und zum anderen durch die Nichthaftung für Güterfolgeschäden Rechnung getragen werden (vgl. Salzmann/Valder/Lukas, Haftung und Versicherung, A 1.3.2).
Der Frachtführer muss sich gem. § 428 HGB das Verhalten seiner Leute sowie anderer Personen, deren er sich bei Ausübung der Beförderung bedient, zurechnen lassen. Also derjenigen, die dem Betrieb des Frachtführers zugehören, z.B. Arbeitnehmer, faktische Arbeitnehmer, Aushilfskräfte sowie dessen Familienangehörige, die im Betrieb des Frachtführers mitarbeiten (Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 428 Rn 4). Zu den "anderen Personen" gehören alle Personen, deren sich der Frachtführer bedient und die nicht in die Kategorie der "Leute" fallen. Hierbei handelt es sich vornehmlich um Unterfrachtführer oder Subunternehmer (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 428 Rn 3). Der Frachtführer muss sich das Verhalten seiner "Leute" oder der "anderen Personen" jedoch nur dann zurechnen lassen, wenn sie in "Ausübung ihrer Verrichtung", also im Rahmen ihres übertragenen Aufgabenkreises gehandelt haben und nicht nur "bei Gelegenheit". Im Rahmen von Satz 2 muss zusätzlich die Voraussetzung vorliegen, dass sich der Frachtführer der "anderen Personen bei Ausübung der Beförderung bedient". Diese Voraussetzung liegt z.B. nicht vor, wenn der Reparaturunternehmer ein Gut während der Reparatur eines Lkws entwendet und die Reparatur nicht dem Transport dieses Gutes diente, sondern der Reparaturunternehmer ausschließlich eine günstige Gelegenheit ausgenutzt hat.
b) Haftungsumfang
aa) Allgemeines
Der Umfang der Haftung ist in den §§ 429–433 HGB geregelt. Gemäß § 429 Abs. 1 und Abs. 2 HGB hat der Frachtführer den Wert des in Verlust geratenen bzw. beschädigten Gutes zu ersetzen. Darüber hinaus hat der Frachtführer gem. § 430 HGB Schadenfeststellungskosten auszugleichen, z.B. Kosten des Havariekommissars. Wie der Formulierung des § 432 HGB zu entnehmen ist, haftet der Frachtführer bei Verlust oder Beschädigung neben den anteiligen Frachtkosten und öffentlichen Abgaben nur noch für sonstige Kosten, die aus Anlass der Beförderung entstanden sind. Diese Kosten dürfen nicht schadensbedingt sein. Hierbei handelt es sich also nur um solche Kosten, die bei einem schadensfreien Verlauf des Transportes ebenfalls entstanden wären. Dabei ist zu überprüfen, ob die geltend gemachten Schadenspositionen auch bei einem schadensfreien Transport angefallen wären. Es fehlt daran, wenn z.B. Sachfolgeschäden, wie Betriebsausfallzeiten, Produktionsverzögerung, entgangene Gewinne, Wiederbeschaffungskosten, Vernichtungskosten oder Zinsverluste geltend gemacht werden. Der Anspruch aus § 432 HGB ist unabhängig von der Ersatzleistung für Verlust und Beschädigung und der Haftungshöchstgrenze. Speziell bei einem Verlustschaden ist auf die Verlustvermutung des § 424 Abs. 1 HGB hinzuweisen, wonach das Gut als verloren betrachtet wird, wenn es weder innerhalb der Lieferfrist, noch innerhalb eines weiteren Zeitraumes abgeliefer...