I. Einleitung
Bereits 2007 hat das BVerfG festgestellt, dass durch Konsensbildung im Rahmen von außergerichtlicher Streitbeilegung eine schnellere, kostengünstigere Lösung und zugleich ein Beitrag zum dauerhaften Rechtsfrieden ermöglicht werden kann. Gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung sei es auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig, eine zunächst streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung zu bewältigen (BVerfG NJW-RR 2007, 1073 f.).
Es gibt eine Vielzahl von alternativen Streitbeilegungsverfahren (Alternative Dispute Resolution – ADR-Verfahren), auf die die Konfliktparteien zurückgreifen können. Dabei handelt es sich um Verfahren, in denen ein neutraler, unparteiischer Dritter eingeschaltet wird, um eine Lösung zu finden oder eine Streitfrage zu klären und so ein nachfolgendes Gerichtsverfahren zu vermeiden. Dem Dritten kommt je nach Verfahren eine sehr unterschiedliche Rolle zu. Er kann selbst bindende Entscheidungen treffen, Orientierungsvorschläge oder Empfehlungen abgeben oder vermitteln. Je nach der konkreten Vertragsbeziehung, dem Streitgegenstand und dem Eskalationsgrad können unterschiedliche Verfahren geeignet sein. Eskalationsklauseln bieten für den Fall, dass Konflikte zwischen Vertragspartnern auftreten, den Parteien die Möglichkeit eine klare Struktur und einen effizienten Mechanismus für eine Lösung des Konflikts festzulegen. Zunehmend mehr Unternehmen entscheiden sich, solche mehrstufigen Konfliktlösungsklauseln in ihre Verträge aufzunehmen, die als zusätzliche Stufe zwischen Verhandlung und (Schieds-)Gericht die Durchführung von ADR-Verfahren vorsehen. So können verschiedene Verfahren verbunden und der Versuch zur gütlichen Einigung als zwingende Vorstufe vor dem streitigen Verfahren vereinbart werden. Das entspricht dem Wunsch der Mandanten, Konflikte schnell, kostengünstig und ohne weitere Beeinträchtigung der Vertragsbeziehungen beizulegen.
II. Allgemeines
1. Eskalationsdynamik
Konflikte haben, egal in welchem Kontext sie stattfinden, eine eigene Eskalationsdynamik, die durch verschiedene Antriebsmechanismen erzeugt wird. Der Konfliktforscher Friedrich Glasl hat diesen dynamischen Eskalationsprozess in einem 9-Stufen-Modell dargestellt (Glasl, Konfliktmanagement, 11. Aufl. 2013, S. 235 ff.). Die Eskalation reicht danach von einer Verhärtung, die sich durch Spannungen und Reibungen zwischen den Parteien äußert, bis hin zum totalen gegenseitigen Vernichtungskrieg. Je nach Eskalationsstufe variieren auch die Erwartungen der Parteien hinsichtlich der Lösbarkeit von Streitigkeiten. Die zu Beginn eines Konflikts bestehende Kooperationsbereitschaft geht immer weiter verloren, bis eine konstruktive Lösung nicht mehr denkbar ist. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist der Konflikt nicht mehr ohne Einschaltung eines Dritten befriedigend lösbar. Bei ausgeprägter Eskalation ist ein Machteingriff mit Hoheitsgewalt notwendig. Mit Hilfe der Analyse von Konfliktdynamik lassen sich Empfehlungen für den Einsatzzeitpunkt und die Durchführung der verschiedenen ADR-Verfahren geben. Im Hinblick darauf können Eskalationsklauseln vereinbart werden, die für jede Stufe der Eskalation eine passende spezielle Konfliktbehandlungsphase festlegen (Berger, Rechtsprobleme von Eskalationsklauseln, in: FS Schlosser, 2005,S. 19).
2. Definition und Erscheinungsformen
Eskalationsklauseln sind Vertragsklauseln, die für die Konfliktlösung einen mehrstufigen Prozess mit getrennten Verfahren vorsehen (Arntz SchiedsVZ 2014, 237). Sie legen die Durchführung von mindestens zwei Streitbeilegungsverfahren fest, die in einem Stufenverhältnis zueinanderstehen. Das unterscheidet sie von Mediations- oder Schiedsklauseln, die jeweils nur ein Verfahren bestimmen. Mithilfe von Eskalationsklauseln kann eine individuelle und mehrstufige Gesamtstrategie für die Konfliktlösung vertraglich vereinbart werden. Es gilt der Grundsatz der Parteiautonomie (Kröll ZVerglRWiss 2015, 549). Ziel ist es, die Konfliktlösung effizienter zu gestalten. Konflikte sollen möglichst früh im Wege der alternativen Streitbeilegung einvernehmlich gelöst werden. Die verschiedenen ADR-Verfahren ermöglichen dabei eine Vielzahl von Kombinations- und Gestaltungsmodellen. Früher waren zweistufige Streitbeilegungsklauseln verbreitet, bei denen Mediation oder Verhandlungen auf der ersten Stufe dem Schiedsverfahren als zweiter Stufe vorgeschaltet waren (Greger/Stubbe, Schiedsgutachten, 2007, § 1 Rn 20). Heute sind bei Unternehmen dreistufige Konfliktlösungsmodelle üblich (Sessler ZKM 2014, 163). In solchen ist zunächst eine Verhandlung, dann Mediation oder ein anderes ADR-Verfahren und schließlich ein (Schieds-)Gerichtsverfahren vorgesehen. Auf letzter Stufe steht immer ein Verfahren, das die Entscheidung der Streitigkeit sicherstellt. Das garantiert ein Ergebnis auch für den Fall, dass sich die Parteien nicht konsensual einigen. Die vorgeschalteten ADR-Verfahren dienen als "Filter" (Arntz SchiedsVZ 2014, 237). Erst nach ihrem Scheitern kann ein Schieds- oder Gerichtsverfahren als ultima ratio durchgeführt werden.
3. Anwendungsgebiete
Eskalationsklauseln we...