1. Entwicklung
Das gesetzliche Rentenversicherungssystem geht zurück auf die bereits 1889 etablierte Invaliditäts- und Altersversicherung und nachfolgend die Reichsversicherungsordnung (RVO) vom 20.11.1911. Die Geschichte der gesetzlichen Rentenversicherung ist bis heute geprägt von grundlegenden Reformen. Eine in der Geschichte besonders wichtige Rechtsänderung brachte die große Rentenreform von 1957 mit sich. Wegbereitende Neuerungen waren u.a. die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten, die "lohnbezogene" Rentenformel, wonach sich die Rente am Einkommen des Arbeitnehmers orientiert sowie die Finanzierung der Rente durch die aktiv Versicherten ("Umlageverfahren"). Die Rentenreform von 1972 öffnete die Rentenversicherung erstmals auch für Selbstständige und Hausfrauen, sorgte für flexiblere Altersgrenzen und etablierte die "Rente nach Mindesteinkommen" für Kleinverdiener (vgl. http://www.deutsche-sozialversicherung.de/de/rentenversicherung/geschichte.html).
1989 verabschiedete der Deutsche Bundestag eine erneute, größere Rentenreform, die aber wegen des Mauerfalls und der Deutschen Einheit erst 1992 wirksam wurde. Mit dem Rentenreformgesetz 1992 wurde das neue SGB VI als Rechtsgrundlage der gesetzlichen Rentenversicherung zeitgleich in den neuen Ländern eingeführt. Das Jahr 2001 ist verbunden mit der sog. Riesterrente, 2006 kam die (schrittweise) Rente mit 67.
Die gesetzliche Rentenversicherung wird heute geprägt vom
- Versicherungsprinzip,
- Äquivalenzprinzip und
- Solidarprinzip.
2. Träger der gesetzlichen Rentenversicherung
Nach der Abschaffung der Landesversicherungsanstalten für Arbeiter und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gibt es seit 2005 nurmehr die Deutsche Rentenversicherung. Diese gliedert sich in:
- Deutsche Rentenversicherung Bund,
- Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und
- Regionalträger.
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus den §§ 126 ff. SGB VI. Für die örtliche Zuständigkeit der Regionalträger gilt § 128 SGB VI. § 128a SGB VI enthält eine Sonderzuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Saarland.
3. Versicherter Personenkreis
In der Rentenversicherung kann man gesetzlich oder freiwillig versichert sein. Kraft Gesetzes versichert sind:
Die freiwillige Versicherung ist in § 7 SGB VI geregelt. In § 6 SGB VI sind die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht ausgeführt.
Hinweis:
Unter anderem werden Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung von der Versicherungspflicht befreit. Für den anwaltlichen Bereich ist auf das Anfang des letzten Jahres in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte hinzuweisen. Ein Kernstück der Neuordnung ist das Befreiungsrecht (vgl. § 231 Abs. 4a–4d SGB V, ausführlich dazu Huff ZAP F. 23, S. 1054 ff.).
Des Weiteren sind auch Personen versichert, die nachversichert sind oder für die aufgrund eines Versorgungsausgleichs oder eines Rentensplittings Rentenanwartschaften übertragen oder begründet sind. Nachversicherte stehen den Personen gleich, die versicherungspflichtig sind, § 8 Abs. 1 SGB VI.
Nachversichert werden Personen, die als Beamte oder Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst, sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbände einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften, satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen oder Angehörige ähnlicher Gemeinschaften und Lehrer oder Erzieher an nicht-öffentlichen Schulen oder Anstalten, § 8 Abs. 2 SGB VI. Voraussetzung ist, dass die Personen ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben und Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Bei einem Ausscheiden durch Tod erfolgt eine Nachversicherung nur, wenn ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente geltend gemacht werden kann, § 8 Abs. 2 S. 3 SGB VI.
Ist fraglich, ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder eine versicherungsfreie Selbstständigkeit vorliegt, kann ein sog. Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden, § 7a SGB IV.
Hinweis:
Die im Einzelfall nicht einfach zu beantwortende Frage, ob als selbstständig angesehene Tätige tatsächlich abhängig beschäftigt sind, ist für Arbeitgeber von großer Bedeutung. Anhand der tatsächlichen Handhabung der geschlossenen Vereinbarungen sind im Einzelfall die für eine abhängige Beschäftigung und die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale zu ermitteln und zu gewichten. Dann ist zu bewerten, welche Merkmale überwiegen.
Die von der Rechtsprechung gefundenen Ergebnisse sind oft schwierig vorauszusagen und auch nicht immer konsistent (Gundel/Sartorius ZAP F. 17 R, S. 829 ff., 843 m.w.N.). Beschäf...